Bis zu acht Prozent Holzzellstoff enthielt der in den USA getestete Parmesan.

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Wien/Portersville – Hätten Sie Ihre Spaghetti gerne mit Holzzellstoff serviert? Diese Frage klingt absurd. Tatsächlich aber haben Konsumenten in den USA unwissentlich und ganz ohne gefragt zu werden gemeinsam mit dem Parmesan auf ihren Pizzen und Spaghetti auch Holzzellulose konsumiert. Ein Hersteller hatte diese als Füller verwendet und so Kosten gespart. Möglicherweise ist die Praxis gängiger als gedacht.

Erstmals auf den Etikettenschwindel aufmerksam wurde die amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) durch einen Ex-Mitarbeiter des Käseherstellers Castle Cheese. Weil der 100-prozentige Grated Parmesan statt aus dem italienischen Hartkäse aus Schweizer Käse, weißem Cheddar und Mozzarella sowie den Holzfasern bestand, drohen Castle-Cheese-Präsidentin Michelle Myrter nun bis zu ein Jahr Haft und eine Strafe von 100.000 Dollar.

Holzzellulose in Parmesan verbreiteter als gedacht

Nach Bekanntwerden des Falls in den USA ließ die Nachrichtenagentur Bloomberg verschiedene Parmesanprodukte aus dem Supermarkt testen: Mehrere enthielten Holzzellstoff, einige in Höhe von bis zu acht Prozent. Laut Dean Sommer vom mit den Tests beauftragten Center for Dairy Research in Madison, Wisconsin läge ein akzeptabler Wert zwischen zwei und vier Prozent.

Nach den geltenden Bestimmungen der FDA hätte der Holzzellstoff jedenfalls in der Zutatenliste deklariert werden müssen. Genau wie in Europa sind Zutaten in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils anzuführen. Nachdem die ungewünschte Zutat im Castle-Cheese-Parmesan von der FDA nur durch einen expliziten Hinweis und bei den anderen Herstellern von Bloomberg im Alleingang entdeckt wurde, stellt sich die Frage, ob die Lebensmittelkontrollen der FDA ausreichend sind.

Lasagne mit Pferdefleisch, Fruchtjoghurt ohne Früchte

Und eine weitere Frage drängt sich unweigerlich auf: Gibt es solche Mogelpackungen auch in Österreich? Spätestens nach dem europaweiten Pferdefleischskandal im Jahr 2013 haben Konsumenten allen Grund, den Zutatenangaben auf Lebensmitteln eine gewisse Skepsis entgegenzubringen.

Auch die vor einiger Zeit aufgekommene Erkenntnis, dass Fruchtjoghurts häufig kaum Früchte enthalten, verunsichert Konsumenten. Obst findet man oft hauptsächlich auf den Illustrationen der Verpackung: Bereits ab sechs Prozent Fruchtanteil darf sich ein Joghurt als "mit Früchten" bezeichnen.

Rote Rübe als Farbgeber

Der Name "Fruchtzubereitung" hingegen ist schon ab einem Obstanteil von 3,5 Prozent erlaubt. Auch bei Joghurts findet Holzstoff seinen Einsatz: Daraus kann kostengünstig Erdbeeraroma gewonnen werden. Die fehlende fruchtige Farbe wird dann durch rote Rüben imitiert. 2014 sorgte zudem eine Arbeiterkammer-Untersuchung für Aufregung, laut der Olivenöl mit Sonnenblumenöl vermengt war und Pesto rosso Bambus und Weizenfaser enthielt.

Viele NGOs wünschen sich strengere Auflagen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. Foodwatch spricht sich unter anderem für eine verpflichtende Deklarierung der Herkunft der einzelnen Zutaten aus, Greenpeace möchte gar Palmöl kennzeichnen. Letztendlich nutzt allerdings die strengste Regelung nichts, wenn sie nicht entsprechend kontrolliert und durchgesetzt wird, so wie es in den USA der Fall war.

Stichprobenkontrolle

Für die amtliche Kontrolle von Lebensmitteln sind in Österreich die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) und die Untersuchungsstellen der Länder Wien, Kärnten und Vorarlberg zuständig. Dem risikobasiert und statistisch geplanten nationalen Kontrollplan folgend werden das ganze Jahr über Planproben aus Handel und Produktion gezogen. Daneben können auch Proben aus Verdachtsmomenten heraus gezogen werden, beispielsweise aufgrund von Konsumentenbeschwerden oder behördlichen Hinweisen.

30.600 Proben

Laut dem letzten Lebensmittelsicherheitsbericht wurden 2014 in Österreich rund 30.600 Proben untersucht. Die Beanstandungsquote bei diesen Proben lag bei fast 16 Prozent, größtenteils wegen Kennzeichnungsmängeln oder Irreführung. 93 der begutachteten Proben, das entspricht 0,3 Prozent, waren sogar gesundheitsschädlich; die meisten davon wurden allerdings bereits gezielt aus Verdacht entnommen.

Im Gegensatz zu den zuständigen nationalen Behörden in der EU, wo das Lebensmittelrecht harmonisiert ist, macht die FDA in den USA keine vergleichbaren Zufallskontrollen. Zwar ist es auch in Österreich denkbar, dass falsche Kennzeichnungen, Kontaminierungen oder undeklarierte Inhaltsstoffe trotz der Stichprobenkontrollen unentdeckt bleiben, ein gutes Kontrollsystem macht es jedoch unwahrscheinlicher. (Elena Pramesberger, 6.3.2016)