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Foto: reuters / bensch

Berlin – Beim Start rumpelte es, dann stieg die Aktie der Niki-Muttergesellschaft Air Berlin rasant auf. Es war ein hoffnungsvolles erstes Jahr auf dem Kapitalmarkt. Die neun Jahre, die folgten, waren umso bedrückender für die Anteilseigner der zweitgrößten Fluggesellschaft Deutschlands. Immer weiter ging es abwärts mit dem Aktienkurs.

"Es ist ein Desaster", bilanziert Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, die Entwicklung in den zehn Jahren nach dem Börsendebüt. Es war der 8. März 2006, an dem Firmenchef Joachim Hunold den Gang an die Börse bekanntgab: "Wenn wir im harten europäischen Wettbewerb weiter wachsen wollen, müssen wir uns auf der Kapitalseite entsprechend aufstellen", sagte er auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin.

Air Berlin war bis zu diesem Zeitpunkt vor allem mit seinen Pendelflügen aus Deutschland nach Mallorca groß und bekanntgeworden. Schnelles Wachstum war Hunolds Strategie, die sich in der Art und Weise, wie er sie verwirklichte, bald als problematisch herausstellte.

Einstieg in die Langstrecke

So übernahm Air Berlin 2007 den defizitären Ferienflieger LTU, um in das Geschäft auf der Langstrecke einzusteigen. Aber der Kauf war recht teuer, LTU blieb ein Verlustbringer und die Integration dauerte länger als gedacht. Air Berlin wuchs aber immer weiter. Im Jahr 2011, als Hunold schließlich aufgab, waren es schon 35,3 Millionen Fluggäste, doppelt so viele wie 2005. Der Umsatz hatte 4,2 Mrd. Euro erreicht, unterm Strich stand aber ein gewaltiges Minus von 272 Mio. Euro.

Der Vorwurf, der das Management die ganze Zeit begleitete: Air Berlin lege sich nicht auf ein klares Geschäftsmodell fest. Europa-Kurzstrecke, Touristikgeschäft und Langstrecke – das passe von der Logistik und Kostenstruktur auf Dauer nicht zusammen. Nein, es sei gerade ein Vorteil, mehrere Standbeine zu haben, erwiderte der Konzern beharrlich. Und doch wurden Jahr für Jahr Verluste eingefahren, auch von Hunolds Nachfolger Hartmut Mehdorn, der kräftig auf die Kostenbremse trat, und dessen Nachfolger Wolfgang Prock-Schauer. Der derzeitige Chef Stefan Pichler hat den Umschwung wohl ebenfalls noch nicht geschafft.

Auf und ab

Der Börsengang hatte erst im zweiten Anlauf am 11. Mai 2006 geklappt. Die neue Aktie musste billiger als geplant angeboten werden, um genügend Investoren anzulocken. Der Aktienkurs spiegelte fortan die Dauerkrise des Konzerns wider. Der Ausgabepreis lag bei zwölf Euro, die Erstnotiz bei 12,65 Euro. Erst einmal ging es kräftig aufwärts – bis auf 20 Euro im April 2007.

Es folgte eine dramatischer Absturz auf weniger als drei Euro im Oktober 2008, als die Pleite der US-Bank Lehman Brothers die weltweiten Finanzmärkte in den Abgrund riss. Mit der folgenden Erholung ging es noch einmal hinauf auf rund fünf Euro, aber seit Dezember 2008 tendenziell im weiter bergab bis auf zuletzt nur noch rund 70 Cent. Das heißt: Wer vor zehn Jahren für 1.000 Euro junge Air-Berlin-Aktien erworben hat, dem bleibt jetzt noch ein mickriger Rest von etwa 60 Euro. Wertverlust: 94 Prozent.

Besonders bitter sieht das aus, wenn man sieht, wie die Aktien der erfolgreichen Konkurrenz im selben Zeitraum abgeschnitten haben: Billigflieger Ryanair plus 265 Prozent, Easyjet plus 300 Prozent. Und der Anteilsschein des deutschen Branchenprimus Lufthansa ist nach einigen Auf und Ab heute fast exakt so teuer wie vor zehn Jahren.

Mit neuem Partner

Die Anleger sollten die Hoffnung, dass es mit Air Berlin noch einmal aufwärts geht, nicht ganz aufgeben, sagt Kunert. "Es ist das Verdienst von Mehdorn, dass er Etihad hereingeholt hat." Die staatliche Airline aus Abu Dhabi ist seit 2012 der starke Partner und mit 29,2 Prozent Anteil Großaktionär von Air Berlin.

Beide Fluggesellschaften ergänzen ihre Streckennetze wechselseitig und gewannen erst im Jänner einen Rechtsstreit um gemeinsam vermarktete Flüge gegen die Bundesregierung. "Solange Etihad als Ankeraktionär dasteht, gibt es keine Insolvenzgefahr", zeigt sich Kunert überzeugt. Zuletzt wurde – nicht zum ersten Mal – auch darüber spekuliert, Air Berlin von der Börse zurückzuziehen.

Das könnte eine enge Kooperation mit Alitalia erleichtern, an der Etihad zu 49 Prozent beteiligt ist. Bestätigt wurden solche Pläne nicht. Käme es so, dürfte den Air-Berlin-Besitzern noch weniger ausbezahlt werden als sie heute am Aktienmarkt erhielten. (APA, 4.3.2016)