Der Film "Talea" von Katharina Mückstein bei "Kino Unter Sternen" 2013.

Foto: Robert Newald

Wien – Nicht nur in Hollywood, wo Jennifer Lawrence ihre geringere Gage im Vergleich zu männlichen Kollegen anklagte, wird Geschlechtergerechtigkeit in der Filmbranche aktuell heiß diskutiert. Weil in Österreich nur 22 Prozent der jährlich 55 Millionen Euro an Fördergeldern an Filmemacherinnen vergeben würden, forderten diese gestern, Mittwoch, Abend bei einer Diskussion im Parlament eine Geschlechterquote.

Dass die sehr gut (und größtenteils von Frauen) besuchte Veranstaltung im SPÖ-Klubsitzungssaal ausgerichtet wurde, haben die Grünen im Vorfeld als "Alibi-Aktion" bezeichnet. Immerhin hatte die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP beim gestrigen Kulturausschuss einen von den Grünen eingebrachten Antrag zur Evaluierung der Frauenförderung im Film vertagt. Nicht etwa, weil man nicht für die Sache brenne, so SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel eingangs. "Sondern weil ich der Meinung bin, dass wir schon einen konkreten Vorschlag machen sollten – und zwar bis Juni." Sie selbst sei "keine Freundin von Quoten", "aber es wird sie so lange brauchen, bis es keine logische Selbstverständlichkeit gibt".

Stärkeres Missverhältnis im Fernsehen

Und die fehlt laut Erhebung des "FC Gloria Frauen Vernetzung Film" noch immer. Ausgehend von Zahlen der beiden höchstdotierten Institutionen, dem Österreichischen Filminstitut (ÖFI) und dem Filmfonds Wien (FFW), rechnete das Frauennetzwerk für die vergangenen fünf Jahre hoch, dass mehr als drei Viertel der Fördergelder an Männer und nur rund 22 Prozent an Regisseurinnen, Produzentinnen und Drehbuchautorinnen gehen. Wobei das weniger an der Zustimmungsquote denn an der geringeren Anzahl an Einreichungen von Projekten mit Frauenbeteiligung liege. Im Fernsehbereich sei das Missverhältnis noch stärker– hier geht der FC Gloria von einem Frauenanteil von nur zwölf Prozent aus. "40 Prozent der an der Filmakademie Wien ausgebildeten Filmschaffenden sind Frauen", so Regisseurin und Produzentin Katharina Mückstein ("Talea"), "wieso kommt nur die Hälfte von ihnen in der Filmförderung an?"

Den Grund für die Benachteiligung vermutet FFW-Geschäftsführerin Gerlinde Seitner in der Struktur der heimischen Branche: Die Produktionsseite sei männlich dominiert und Frauen hätten es vor allem bei Debütfilmen schwerer, Vertrauen zu generieren. Bei Stoffentwicklung und kleineren Förderbudgets, wo Anträge auch ohne Produktionsfirma möglich sind, sei der Frauenanteil wesentlich höher. Barbara Rohm von der deutschen Vereinigung "Pro-QuoteRegie" geht von einem "geschlossenen System" aus, in dem Entscheidungsträger den immer selben Personen und Konzepten den Vorzug geben. Frauen falle es schwerer als Männern, Netzwerke aufzubauen. Eine Quote, wie sie etwa in Schweden verankert wurde, sei "ein richtiges Mittel, um den verzerrten Wettbewerb zu korrigieren". Denn: "Je diverser die Seite der MacherInnen, desto mehr Perspektiven sehen wir im Film."

Diagonale widmend sich der Diversität im Film

Eine Quote von 40 bis maximal 60 Prozent für ein Geschlecht wünscht sich Mückstein stellvertretend für FC Gloria bei der Vergabe von Fördermitteln. Um zu vermeiden, dass die Qualität der ausgewählten Projekte darunter leidet, sei eine Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren angedacht. Das schaffe wirtschaftliche Anreize für Produktionsunternehmen, die sich dann Projekte mit weiblicher Beteiligung "ein bisschen genauer anschauen". Zustimmung dahin gehend, dass es eine Schieflage gibt, erhielt sie zwar von ihren männlichen Kollegen, Alexander Glehr und Helmut Grasser, am Podium. Mehr Regularien aber lehnen beide ab. Und: Im aktuellen System, "wo in Kommissionen Mitbewerber über Zusagen entscheiden" sei eine Quote schlicht "untragbar", so Grasser.

Kommenden Mittwoch (9. März) – ein Tag nach dem Internationalen Frauentag – widmet die Diagonale in Graz das neu ausgerufene "Austria Film Meeting" dem Thema Gleichberechtigung und Diversität in der Filmbranche. (APA, 3.3.2016)