Die Demokratin Hillary Clinton sieht sich als Brückenbauerin, ...

Foto: AFP / Rhona Wise

... der Republikaner Donald Trump würde hingegen am liebsten eine Mauer rund um die USA errichten. Nach dem Super Tuesday zeichnet sich noch stärker als bisher ab, dass das Finale im November eines zwischen der Karrierepolitikerin und dem Quereinsteiger wird.

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Das Establishment trägt Sakko und Krawatte, aber auch Jeans, T-Shirts und Baseballkappen. Es trinkt Bud light, dünnes Bier, wie es auch in Arkansas aus den Zapfhähnen kommt. Das Speisenangebot besteht im Wesentlichen aus Burgern und Chicken-Wings, nicht anders als in jeder x-beliebigen Kneipe in Kansas. "Union Pub" heißt das Lokal, es liegt mitten im Regierungsviertel Washingtons, nur drei Blocks entfernt vom Kapitol. Wer abends hier vorbeischaut, hat tagsüber wohl im Parlament gearbeitet. Über dem Tresen, im Biergarten, in jeder Nische hängen Bildschirme, und über alle flimmert am Dienstagabend die CNN-Wahlnacht.

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Spätestens um 21.39 Uhr Ortszeit weiß das im Union Pub versammelte Establishment, dass der Mann, der am stärksten von Ressentiments gegen dieses Establishment profitiert, auch am Super Tuesday triumphiert: Im Mar-a-Lago, seinem exklusiven Club in Palm Beach, tritt Donald Trump mit zufriedenem Lächeln in einen Raum, der mit seinen Kronleuchtern und Samtvorhängen an das Weiße Haus denken lässt – wohl ganz bewusst.

Milde statt Gereiztheit

Trump will den Eindruck vermitteln, als probe der nächste Präsident der Vereinigten Staaten bereits fürs Amt. Milde gestimmt stellt sich der sonst oft so Gereizte den Fragen der Presse. Über weite Strecken wählt er einen so konzilianten Ton, als wollte er bestätigen, was manche Kommentatoren über ihn schreiben: dass der polternde Trump bloß Show und der gewiefte Geschäftsmann Trump flexibel genug ist, um mit Blick auf das Wahlfinale die politische Mitte anzusteuern.

"Ich weiß, die Leute werden es kaum glauben, aber ich bin ein Versöhner", sagt er. Wenn der Vorwahlkampf erst hinter ihm liege, werde er die Partei einen und nur noch eine Person ins Visier nehmen: Hillary Clinton, die nicht den blassesten Schimmer habe, während Amerika wirtschaftlich zur Hölle fahre.

Eine Weile scheint es, als habe der populistische Milliardär das Vorgeplänkel bereits abgehakt, den Marathon der Primaries, die giftigen Attacken in den Reihen der Republikaner. Dann aber wird er nach Paul Ryan gefragt, dem Speaker des Repräsentantenhauses – und einmal mehr ist der Grobian zu erleben, der verbale Breitseiten abfeuert: Mit Ryan, antwortet er, werde er sich blendend verstehen, wenn er erst regiere. "Und wenn nicht, dann hat er einen hohen Preis dafür zu zahlen."

Vorangegangen waren kritische Sätze Ryans: Jemand, der die Präsidentschaftskandidatur der Partei Abraham Lincolns anstrebe, müsse sich ohne Wenn und Aber vom Ku-Klux-Klan distanzieren, statt – wie Trump – verbale Spielchen zu spielen.

Schadlos durch Kontroversen

Ob die Kontroverse um den rassistischen Geheimbund, verbunden mit all den anderen Kontroversen, Trump womöglich doch noch schadet, weiß im Moment niemand seriös zu beurteilen. Jedenfalls änderte sie nichts daran, dass der einst so belächelte Quereinsteiger am Super Tuesday der große Sieger war. In sieben von elf Bundesstaaten, in denen bei den Republikanern abgestimmt wurde, hatte Trump die Nase vorn. Der Tea-Party-Senator Ted Cruz, der neuerdings klingt wie ein evangelikaler Prediger, gewann nicht nur seinen Heimatstaat Texas, sondern auch das benachbarte Oklahoma sowie Alaska. Damit übertraf er die Erwartungen, während Marco Rubio aus Florida enttäuschte.

Rubios einziger Lichtblick war Minnesota, wo er zum ersten Mal überhaupt seit Beginn der Primaries siegte. Sonst: zweite, dritte Plätze, alles andere als die überzeugenden Vorstellungen, die er gebraucht hätte, um seinem Rivalen Cruz den Rang abzulaufen.

Damit dürfte es den Strategen der "Grand Old Party" kaum gelingen, die Anti-Trump-Kräfte der Republikaner um den 44-jährigen Favoriten des Establishments zu sammeln. Im Gegenteil: In der Wahlnacht verlangte der erzkonservative Texaner Rubios Kapitulation. Er, Cruz, sei der Einzige, der Trump Paroli bieten könne.

Clinton setzt sich ab

Im Lager der Demokraten ist es Hillary Clinton, die – ähnlich wie Trump – den innerparteilichen Wettstreit de facto für beendet erklärt: Bei Afroamerikanern und Hispanics konnte sie so eindeutig punkten, dass sie ihren linken Kontrahenten Bernie Sanders nicht nur in den Südstaaten Alabama, Arkansas, Georgia und Tennessee, sondern auch im Bevölkerungsschwergewicht Texas klar in die Schranken verwies.

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Sanders ging hingegen überall dort als Sieger durchs Ziel, wo weiße College-Kids, linke Akademiker und Wähler, die sich gegen den Status quo auflehnen, aber mit Trump nichts am Hut haben, den Ton an der Basis angeben: in Colorado, Minnesota, Oklahoma und natürlich in Vermont, dem Staat, den er im Parlament vertritt.

Es gibt für Sanders keinen Grund, aufzugeben, zumal er sich auf enthusiastische Anhänger stützt, deren Kleinspendenstrom nicht so bald versiegen dürfte. Allerdings ist kaum vorstellbar, wie er noch an Clinton vorbeiziehen will, bevor im Juni die Ziellinie in Sicht ist.

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Die Favoritin jedenfalls hält eine Siegesrede, in der Sanders praktisch nicht mehr vorkommt, dafür Trump umso markanter. Bei dieser Wahl stehe so viel auf dem Spiel wie noch nie – und nie zuvor sei das rhetorische Niveau beim politischen Gegner so tief gesunken, sagt sie und spricht von einem Amerika, das allen gehöre, egal wie jemand aussehe und wo er bete. "Statt eine Mauer zu bauen, werden wir Barrieren niederreißen."(Frank Herrmann aus Washington, 2.3.2016)