Eine Stahlrolle der Voestalpine: Derzeit zehrt man noch von Innovationen aus den 1960er- und 1970er-Jahren.

Foto: Voestalpine

Wien – Es gibt sie also doch, die Industrie, die direkt, also ohne Programmschienen, die zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vermitteln, in österreichische Grundlagenforschung investiert: Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim zum Beispiel hat schon vor 31 Jahren das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) errichtet. Zahlreiche Publikationen in Topjournals und vier Wittgensteinpreise stehen zu Buche. Nun lobt der Verein der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie Asmet (Austrian Society for Metallurgy and Materials) gemeinsam mit dem Wissenschaftsfonds FWF einen Preis für Grundlagenforschung aus.

Ohne großes Präjudiz

300.000 Euro sollen an ein exzellentes Einzelprojekt nach Evaluierung durch eine internationale Jury vergeben werden – "ohne großes Präjudiz", wie ASMET-Präsident Franz Rotter, Vorstandsmitglied der Voestalpine AG, bei der Präsentation versprach. Das heißt: Natürlich will man radikal neue Innovationen des Werkstoffs Metall fördern, mehr Vorgaben wird es aber nicht geben.

Hinter der Initiative steht die Erkenntnis, dass die Metall verarbeitende Industrie in Österreich nur aufgrund der Technologieführerschaft wettbewerbsfähig ist und dass es da schon lange keine großen Entwicklungsschritte gab. "Wir zehren von Innovationen aus den 1960er- und 1970er-Jahren", bekennt Rotter.

Es werde also Zeit für disruptive Innovationen, die bestehende Technologien sogar verdrängen können, deswegen habe man sich entschlossen, "die Grundlagenforschung anzuschieben." Das große Ziel: Man will Vorbild für andere Industriezweige sein, die ebenfalls die Basis für "wirklich Neues" suchen.

Die Preissumme von 300.000 Euro kommt, wie Bruno Hribernik, Geschäftsführer der Asmet sagte, von den bei zahlreichen, vom Verein veranstalteten Tagungen erwirtschafteten Überschüssen. Ausgeschrieben wird ab April. Im Herbst soll es eine Entscheidung geben. Eine weitere Ausschreibung ist denkbar – vorausgesetzt, die erste ist von Erfolg gekrönt und es gibt wieder Überschüsse. Hribernik zeigt sich optimistisch.

Der Informatiker Hermann Hellwagner von der Alpen Adria Universität Klagenfurt, Vizepräsident des FWF, begrüßte die Initiative, sagte aber auch, dass derlei Preise die öffentliche Hand nicht von der Verpflichtung befreien können, mehr Mittel als derzeit für die Grundlagenforschung lockerzumachen. Man könne hier nur von einem Add-on sprechen.

Der FWF hat derzeit 184 Millionen jährlich Mittel vom Bund zur Verfügung – bis 2018 dürfte sich daran wenig ändern, obwohl der Rat für Forschung und Technologieentwicklung erst kürzlich 100 Millionen Euro im Jahr mehr für den FWF und auch für die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefordert hat. Noch illusorischer erscheint die Forderung der Molekularbiologin Reneé Schroeder in der aktuellen Ausgabe des Magazins Profil, das Budget des FWF zu verdoppeln. Nur unter diesen Voraussetzungen, sagte Schroeder, könnte sie sich vorstellen, sich als kommende Präsidentin des Fonds zu bewerben, die Ende April gewählt wird.

Vorbildwirkung erwünscht

Auch Vizepräsident Hellwagner hofft, dass der Asmet-Preis Vorbildwirkung hat. "Wir bemühen uns um private Mittel für die Grundlagenforschung." Angesichts der hauptsächlich mittelständischen Unternehmen in Österreich wird man aber nicht den großen Geldregen erwarten können. Im Bereich der Stiftungen gibt es seit vergangenem Jahr erstmals den Gottfried- und Vera-Weiss-Preis für exzellente Projekte aus dem Gebiet der Anästhesie – dotiert mit 200.000 Euro.

An eine Umsetzung der Ratsforderung nach 100 Millionen jährlich mehr, glauben weder Hellwagner noch Dorothea Sturn, kaufmännische Vizepräsidentin des FWF. Sie bezeichnete die Lage als "nicht sehr rosig", nicht zuletzt angesichts des mangelhaften Verständnisses für Grundlagenforschung im Land. Auch die erste Ausschüttung des Österreich-Fonds im kommenden Sommer, mit zusätzlichen Einnahmen über die Steuererhöhung für Superreiche gespeist, dürfte keine großen finanziellen Sprünge für den FWF möglich machen. Von den 33,7 Millionen Euro geht die Hälfte an die Forschungsprogramme des Verkehrsministeriums, die von der FFG abgewickelt werden. Der Rest wird unter den anderen Protagonisten der heimischen Forschung aufgeteilt – so wie das seit Jahren auch mit den Mitteln der Nationalstiftung praktiziert wird. (Peter Illetschko, 2.3.2016)