Der Griff nach dem Geld könnte bald Kosten verursachen: Laut Expertenmeinung ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Österreichs Banken für Behebungen Spesen einheben werden.

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Wien – In anderen Ländern ist es längst gang und gäbe, nun sollten sich auch Österreichs Verbraucher auf das Ende der gebührenfreien Behebungen an Geldautomaten gefasst machen. "Die Hebel haben sich in Bewegung gesetzt, es würde mich überraschen, wenn die Bankomatgebühr nicht bis 2017 kommt", sagt Finanzexperte Michael Hilbert von der Beratungsgesellschaft Horvath & Partner. Er erwartet, dass der Schritt den Banken je nach Ausgestaltung Einnahmen 30 bis 90 Millionen Euro pro Jahr bringen wird.

Gleichzeitig erwartet Hilbert, dass es in den nächsten drei bis fünf Jahren nicht nur rund ein Drittel weniger Bankfilialen und um 15 bis 20 Prozent weniger Mitarbeiter geben wird, sondern auch eine sinkende Anzahl an Geldausgabeautomaten. "Außerhalb der Stadt muss man sich dessen bewusst sein, dass der Weg zur Bank länger wird", folgert der Finanzexperte.

"Ich bin kein Freund von Bargeldobergrenzen", greift Hilbert die Diskussion um die Einschränkung von Bargeld, auf das in Österreich rund 80 Prozent aller Zahlungen entfallen, auf. Der Feldzug gegen Cash werde auch nicht von den Banken betrieben, da Bargeld zwar vergleichsweise teuer sei, unterm Strich aber für die Kosten eines Geldhauses keine wesentliche Rolle spiele.

Digitale Dienstleistungen

Dennoch ist für Hilbert mit Blick auf die Zukunft eines klar: "Der Trend geht zu digitalen Dienstleistungen." Beim Online-Auftritt gilt es demnach für die Banken, diesen nicht nur optisch weniger nüchtern zu gestalten, sondern auch zusätzliche Angebote und Inhalte für die Kunden einzuflechten – und diese in weiterer Folge auch zu Geld machen zu können, indem man die vorhandenen Informationen verknüpft. Denkbar wäre etwa im Bereich der Stromkosten, den Kunden eine Verlinkung zu einem Preisvergleichsportal anzubieten. Erfolgt darauf tatsächlich ein Wechsel, kann die Bank eine Provision dafür einstreifen. Sowohl für das Geldhaus als auch für dessen Online-Kunden würde auf diese Weise ein gewisser Mehrwert entstehen.

"Wir glauben, dass die Zukunft große Veränderungen bringen wird", meint Holger Sachse, Managing Director bei Boston Consulting, mit Blick auf die zunehmende Konkurrenz für Banken durch sogenannten Fintechs. Dabei handelt es sich um junge Finanzdienstleister, die in gewisse margenstarke Bereiche des Bankgeschäfts eindringen. Sie heben sich laut Sachse nicht nur durch unterhaltungs- und erlebnisorientiertes Auftreten ab, sondern zumeist auch durch geringere Kosten, Schnelligkeit und Innovationskraft. Daran würden sich Kunden gewöhnen, und die Zufriedenheit mit klassischen Banken würde sinken. "Wir denken, dass die Banken diese Bedrohung inzwischen klar erkennen", betont Sachse.

Kopieren, kooperieren oder kaufen

Grundsätzlich können herkömmliche Institute auf mehrere Arten reagieren: etwa kopieren, kooperieren oder kaufen. Zusammenarbeit stellt für Sachse die einfachste Antwort dar, allerdings werde dadurch kein Know-how transferiert. Im Fall einer Übernahme stelle sich aus Bankensicht folgende Frage: "Wie organisiere ich mich, damit ich rasch Innovationen umsetzen kann?" Die Herausforderung sei, sich so aufzustellen, dass die Innovation auf fruchtbaren Boden falle, "sonst drohen Abstoßungsreaktionen".

Allerdings rät Sachse dazu, die Dinge richtig einzuordnen. Zwar hätten Fintechs im Vorjahr 40 bis 50 Mrd. Dollar an Risikokapital eingestreift, jedoch sei die Marktkapitalisierung der Banken um ein Vielfaches höher. "Dass die Fintechs innerhalb von fünf Jahren die Bankenlandschaft komplett umgraben, halte ich für unwahrscheinlich", folgert Sachse. Angesichts des Vertrauens, das die Banken genießen, und der Anlaufprobleme der Fintechs werde die Entwicklung nicht so schnell vonstattengehen. Zumal die jungen Mitbewerber oftmals auch weitgehend unbesetzte Nischen der Finanzwelt im Fokus hätten. "Banken können Fintechs auch als Bereicherung betrachten." (Alexander Hahn, 5.3.2016)