Stammzellen sind eine Art Ursprungszellen, die sich unbegrenzt vermehren und alle Zelltypen des Körpers bilden können. Forscher versprechen sich neue Chancen für die Heilung von Krankheiten.

Foto: NHM/Science Photo Library

Anhand eines Moduls wird die Transplantation von Blutstammzellen für Leukämiepatienten erklärt.

NHM Wien, Kurt Kracher

Mythos und Legende in Sachen Regeneration: Der Vampir saugt die neue Lebenskraft einfach ein.

NHM Wien, Kurt Kracher

Wien – Ein Axolotl aus Plastik grundelt einsam in einem Aquarium. In der Vitrine gegenüber befinden sich ein Haarbüschel, ein Haufen abgeschnittener Fingernägel und ein paar Wollmäuse. Einige Meter weiter ein Stück künstliche Haut und gezüchtete Knorpel, die in nachgebaute Ohrmuscheln eingebaut werden könnten.

Es sind Beispiele für Regeneration – sowohl natürlicher als auch medizinischer Art -, die im Mittelpunkt der Ausstellung "Stammzellen – Ursprung des Lebens" stehen. Die Schau, die vom Schweizerischen Nationalfonds konzipiert wurde, ist ab Mittwoch bis zum 10. Juli im Naturhistorischen Museum Wien zu sehen. Dabei ist der Axolotl, ein mexikanischer Lurch, ein Paradebeispiel für die Kraft der Zellerneuerung: Er kann Beine, Teile seines Herzens und sogar des Gehirns in kürzester Zeit regenerieren, indem Zellen kurzerhand rückprogrammiert und somit "verjüngt" werden.

Umstrittene embryonale Stammzellen

Wie diese Mechanismen auf den Menschen übertragen werden könnten, um künftig Krankheiten zu behandeln und beschädigte Organe zu reparieren, versuchen Stammzellforscher weltweit herauszufinden. Stammzellen lassen sich quasi unbegrenzt vermehren und können sich in alle Zelltypen des Körpers umwandeln. Die entwicklungsfähigsten, also für die Forschung interessantesten Stammzellen sind jene, die im Embryo gebildet werden – deren Erforschung ist aber nach wie vor äußerst umstritten.

Die kleine Ausstellung im NHM (sie umfasst nur einen Raum) greift weniger die ethischen Aspekte auf, als zu versuchen, mit konkreten Beispielen mögliche und bereits ausgereifte Anwendungen zu skizzieren. In den Modulen zu aktuellen Forschungsgebieten wird die Transplantation von Blutstammzellen bei Leukämie erklärt, werden Methoden des Einsatzes von Hautstammzellen nach Verbrennungen und die Möglichkeiten bei der Regeneration von Herzgewebe vorgestellt. In einem "Stammzellscanner" können die Besucher erkunden, wie alt die verschiedenen Zelltypen in ihrem Körper sind.

Mit Bildschirmen, Schautafeln und verschiedensten Exponaten versucht die Ausstellung nicht nur Hintergrundwissen zu vermitteln, sondern auch Fragen nach den teils utopisch anmutenden Zielen der Stammzellforschung aufzuwerfen: Wird es bald Organe aus dem Bio-3-D-Drucker geben, den Burger aus künstlichem Laborfleisch? Was hat es mit der Stammzellenhautverjüngungskur auf sich, auf die Kim Kardashian und Co schwören?

Künstliche Miniorgane

Tatsächlich warten Forscher mit immer neuen Erfolgen bei der Züchtung künstlicher Organe auf. Herzen und Därme gibt es aber bisher nur in Miniaturversionen, die noch weit von der Anwendung entfernt sind. Per Stammzellfrischzellenkur könnten ganze Arten gerettet werden, lauten andere Hoffnungen. Mit erfrischender Ironie knüpft die Ausstellung die Vorstellung der Allheilmacht der Regeneration an alte Mythen von Super- und Sagenhelden: Figuren wie Dracula, Wolverine, Herkules und die Hydra stehen als Miniaturmodelle am Rande der Schau.

Zwischen Anwendungen und Zukunftsversprechungen kommt allerdings die Grundlagenforschung etwas kurz, das Thema der induzierten pluripotenten (ipS-) Stammzellen als Alternative zu embryonalen wird nur angeschnitten. Auf jeden Fall aber kann die Schau, die von Vorträgen und einem Schülerprogramm begleitet wird, einen Anstoß zu fundierteren Debatten geben. (Karin Krichmayr, 2.3.2016)