Seit rund 40 Jahren wird das Medikament Naloxon zur Aufhebung der Opiatwirkung eingesetzt. Jetzt beginnt international der immer breitere Einsatz des Opiat-Antagonisten in der Prävention von Drogen-Todesfällen. Dies sagte Dagmar Hedrich von der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) beim Interdisziplinären Drogensymposium zur Suchterkrankung in Grundlsee (Steiermark).

"In Europa gibt es jährlich zwischen 6.500 und 8.000 Drogentote. Vermutlich wird ihre Zahl sehr stark unterschätzt. Die Drogentoten sind zu 22 Prozent Frauen, zu 78 Prozent Männer. Das Durchschnittsalter beträgt rund 37 Jahre", sagte die Expertin. Die Zahl der Opfer sei zwar in der jüngeren Vergangenheit etwas zurückgegangen, die Veränderungen aber nicht signifikant.

Tod durch Atemlähmung

Die Todesfälle treten zum überwiegendsten Teil durch Opiat-Überdosierung mit Atemlähmung auf. Am häufigsten sind Abhängige mit Mischkonsum (auch Alkohol, Benzodiazepine) betroffen.

Von rund 1,4 Millionen Menschen mit problematischem Drogenkonsum sind rund 735.000 oder etwas mehr als 50 Prozent in Substitutionstherapie. Durchschnittlich sterben in Europa 16 Menschen pro einer Million Einwohner und Jahr an einer Suchtgift-Überdosierung. In Estland sind es beispielsweise gar 120 Tote pro einer Million Einwohner, in Schweden 70, in Frankreich "nur" etwa zehn. Österreich liegt mit 23 Drogentoten pro Million Einwohner über dem europäischen Durchschnitt. 2011 waren es in Österreich 201 Todesfälle, 2012 dann 161. Im Jahr 2013 wurden 138 Todesopfer registriert, 2014 waren es schließlich 122.

Das Problem liegt darin, dass tödliche Zwischenfälle mit Opiat-Überdosierungen beispielsweise geschehen, wenn die Abhängigen allein Suchtgift injizieren. In einer Gruppe haben andere oft Angst, die Rettung zu alarmieren oder erkennen die akute Gefahr für den Betroffenen nicht.

Für den Notfall

Hier wäre eventuell die Bereitstellung von schnell wirksamem Naloxon als Medikament und eine entsprechende Information der Abhängigen und ihrer Angehörigen über den richtigen Gebrauch eine Gegenmaßnahme. Naloxon besetzt die Rezeptoren im Gehirn, auf die Opiate wirken, und hebt deren Effekt auf. Die Substanz gibt es zur intravenösen Gabe, zur intramuskulären Injektion und – neuerdings in den USA – auch als Nasenspray, was die Anwendung einfacher macht.

"Lokale Projekte existieren bereits in Deutschland, Dänemark, Estland, Norwegen und Irland. 'Landesweit' gibt es solche 'Naloxon-Take-Home'-Programme in Schottland und Wales", sagte Dagmar Hedrich. In Österreich wäre ein solches Vorgehen auch leicht möglich. Naloxon ist kein Suchtmittel und könnte einfach verschrieben werden. Wichtig wäre es aber, eine Versorgung von Opiatabhängigen mit dem Medikament für den Notfall und deren Schulung sicherzustellen. (APA, 29.2.2016)