Bauleiter Zhao Haicuan zeigt, wie der neue Flughafen bei seiner Fertigstellung 2019 aussehen wird.

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Peking – Der "Kampf war hart, die erste Schlacht haben wir aber gewonnen": Projektleiter Zhao Haicuan redet militärisch zackig. Er meint aber nur seine riesige Baustelle 50 Kilometer südlich von Peking. Dort entsteht im Stadtteil Daxing der nach chinesischen Angaben größte zivile Flughafen der Welt. Stolz zeigt der 56-Jährige auf den hektischen Betrieb. Von der Aussichtsplattform sehen selbst Kräne wie Spielzeug aus. Die Fundamente für den neuen Airport sind bereits ausgeschachtet. Er wird an das Verkehrsnetz angebunden. Hochgeschwindigkeitszüge, Stadt- und U-Bahnen werden in den Flughafen einfahren können. "Das ist technisch neu für China."

Der Bau startete Ende September. Mit Phase 1 waren sie nach nur 100 Tagen fertig, trotz des kältesten Pekinger Winters seit 30 Jahren. Bis zu 2.000 Arbeiter hielten die geplante Zeit ein. Diesmal siegte auch die moderne Technik. Statt Arbeiterheere setzte Pekings Chengjian-Konstruktionsgruppe bei den Ausschachtungs- und Planierungsarbeiten mehr als 600 schwere Baumaschinen ein.

Gewaltiger Seestern

5.900 Stützpfeiler mussten bis zu 40 Meter tief in den Boden gerammt werden, um das künftig fünf Stockwerke hohe Flughafengebäude auf feste Fundamente stellen zu können. Der französische Flughafenentwickler ADP und die britische Stararchitektin Zaha Hadid hatten 2015 den Designwettbewerb gewonnen. Nach ihrem Entwurf führen fünf Seitenarme als Gangways von den Ankunft- und Abflugebenen zu den Flugsteigen. Alle Abfluggates sollen so in maximal acht Minuten Fußweg erreichbar sein. Von der Luft aus wird der orangegelb schimmernde Airport aussehen wie ein "Seestern".

Der Bau hat höchste Priorität. Noch ist vom neuen Flughafen nur eine Riesenbaustelle zu erkennen. Um sie herum liegt eine kilometerweite Schutt- und Trümmerlandschaft. Dort werden die Start- und Landebahnen gebaut, liegen Flächen für künftige Erweiterungen brach.

In nur eineinhalb Monaten wurden vergangenen August nach offiziell gemachten Angaben 21 Dörfer für den Airport abgerissen, in denen 16.000 Bauern lebten. Von 2013 an wurden sie über den Abriss informiert und bekamen Entschädigungen angeboten. Einige haben sich davon neue Pkws gekauft. Sie stehen nun an Straßenkreuzungen und bieten ihre Dienste als "schwarze Taxis" an.

Er sei zwar entschädigt worden, sagt einer von ihnen, aber "ich habe kein Land mehr". Wie alle anderen wohnt er vorerst in Behelfsunterkünften. Der Staat gibt ihm Mietzuschuss und baut ein paar Kilometer weiter eine große Siedlung. Er wird eine Eigentumswohnung erhalten: "Aber erst in drei Jahren." Mit dem Bau des Airports hat Peking es eiliger. Der Flughafen mit seinem auf 1,03 Millionen Quadratmeter Fläche gebauten und 50 Meter hohen Seestern-Terminal sowie mit vier Start- und Landebahnen soll am 15. Juni 2019 betriebsfertig sein.

Zwölf Milliarden Euro Kosten

Der Bau des Airports wird nach Angaben der Behörden zwölf Milliarden Euro kosten. Ihm kommt eine wichtige strategische Bedeutung zu. Denn der Baubeginn ist sowohl Startschuss als auch das erste Einzelprojekt, um eine besonders ehrgeizige Gebietsreform von Parteichef Xi Jinping umzusetzen.

Bis 2020 will er große Teile der überbevölkerten und ineffizienten Hauptstadt ins Umland auslagern, Industrien, Großhandelszentren und sogar ab 2017 die lokalen Stadtbehörden. Nur die Zentralregierung und die Partei dürfen bleiben. Peking soll dabei das Zentrum des "Jingjinxi"-Wirtschaftsgroßraums mit 110 Millionen Menschen werden. Der Name leitet sich aus Kurzformen für Peking, der Nachbarstadt Tianjin und für die Umlandsprovinz Hebei ab. Sie werden miteinander verflochten.

Es ist eine stille Revolution. Der neue Airport soll Knotenpunkt für den Verkehr und Transport der Region werden. Im Endausbau soll der noch namenlose Flughafen ab 2035 mehr als 120 Millionen Fluggäste verkraften.

Für 2015 meldete der Pekinger Großflughafen Shunyi mit seinen drei Terminals eine Rekordzahl von knapp 90 Millionen Fluggästen. Eigentlich ist er nur für 76 Millionen Passagiere ausgelegt.

China gilt heute als Luftfahrtnation mit den meisten Flughäfen der Welt. "Es gibt kein Land auf der Welt, das so schnell und in so kurzer Zeit so viele Flughäfen erfolgreich gebaut hat", sagt Johannes Dell, China-Geschäftsführer und Planer des Frankfurter Architekturbüros Albert Speer & Partner. "Weil sie den größten Bedarf haben und die Ressourcen. Und weil sie solche Großprojekte bauen können." Das beweist Peking nun mit seinem neuen Mega-Airport. (Johnny Erling, 29.2.2016)