Im Gebäude in der Vorderen Zollamtsstraße sind aktuell 775 Flüchtlinge untergebracht. Es ist das größte Flüchtlingsheim der Stadt. Spätestens Ende Mai soll es geschlossen werden. Durch die Novelle der Bauordnung soll die temporäre Schaffung neuer Flüchtlingsquartiere erleichtert werden.

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Wien – Die rot-grüne Wiener Stadtregierung will mittels einer Gesetzesänderung im Baurecht die temporäre Schaffung von Flüchtlingsquartieren erleichtern. Konkret soll laut dem Initiativantrag der bürokratische Aufwand für Übergangsquartiere verkürzt werden. Bürogebäude können derzeit etwa nur nach teils langwieriger Adaptierung als Flüchtlingsquartiere verwendet werden. Mit der Änderung soll die Schaffung temporärer Wohneinheiten auch dann ermöglicht werden, "wenn nicht alle baurechtlichen oder -technischen bzw. raumordnungsrechtlichen Vorschriften zur Gänze eingehalten werden", heißt es in einer gemeinsamen Aussendung von SPÖ und Grünen.

Die Initiative ist vorgesehen "für Häuser, die man dringend für Menschen nutzbar machen muss", sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Die neuen Bestimmungen sollen aber nur dann angewendet werden können, wenn das Bauvorhaben staatlich organisiert ist, zum Beispiel wenn eine Hilfsorganisation im Auftrag des Bundes oder der Stadt tätig wird. In Wien ist der Fonds Soziales Wien für die Unterbringung von Asylwerbern zuständig, betrieben werden die Einrichtung zumeist von NGOs.

Erleichterungen bis zu 15 Jahre gültig

Die bürokratischen Erleichterungen für Gebäude, die befristet als Wohnraum genutzt werden, sollen bis zu 15 Jahre gelten. Ludwig sagte im STANDARD-Gespräch, dass die erleichterte Schaffung von Wohnraum "auch, aber nicht nur" für Flüchtlinge gelte.

Containerbauten, die nicht länger als sechs Monate stehen, sollen laut Rot-Grün "von der Bauordnung gänzlich ausgenommen werden". Vor zehn Tagen hatte Ludwig zudem den Bau von 1000 Wohnungen in Holzbauweise angekündigt, die temporär im Umfeld von Bahntrassen oder auf Betriebsbaugebiet entstehen sollen.

Gudenus: "Obergrenze null"

Laut Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) würden SPÖ und Grüne die Bauordnung "biegen und missbrauchen". Er forderte eine "Obergrenze Null" für weitere Flüchtlinge in Wien. "Das Boot ist längst voll." ÖVP-Chef Gernot Blümel sprach von einer "Überfallspolitik". Entbürokratisierung müsse für die Wirtschaft und für Bürger gelten. Neos-Planungssprecher Stefan Gara begrüßte den Vorstoß, warnte aber davor, dass die Novelle zu weit gehe. Sie würde "die Aushebelung von Bauordnung und Nachbarschaftsrechten bedeuten". (krud, 26.2.2016)