Lieber zu einem Start-up oder einer dynamischen Digitalfirma oder einer traditionellen Beratung?

Foto: iStock

Acht von zehn Umfrageteilnehmern stimmen nicht zuletzt deshalb der Aussage zu, dass Unternehmensberatungen künftig ein Arbeitsumfeld bieten müssen, das den Lebensumständen, vor allem jenen der Generation Y, besser entspricht.

Foto: Der Standard

Start-ups und Digitalfirmen schnappen traditionellen Beratungen die Talente weg: Zunehmend wird es für diese schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. Ursache dafür sind neben neuen Konkurrenten auch veränderte Wünsche und Werte der Berufseinsteiger, denen flexibles Arbeiten, Freizeit und flache Hierarchien oft wichtiger sind als gutes Gehalt, Prestige und Reisemöglichkeit. Die Fluktuation in der Branche ist nach wie vor hoch: Viele bereits Etablierte wollen in die Industrie wechseln; attraktiver wird die Arbeit als Freelancer.

Zu diesem Ergebnis gelangte auch der aktuelle "Consulting-Monitor", für den die Personalberatung Odgers Berndtson Berater aus dem deutschsprachigen Raum zu ihren Erwartungen und Befindlichkeiten befragte. Im Zentrum der Studie standen Fragen wie: Welche Trends und Entwicklungen erkennen sie? Welche Konsequenzen ziehen sie daraus für die Planung der eigenen Karriere? Nehmen Consultants überhaupt einen signifikanten Wandel ihrer Zunft wahr?

Top-Herausforderung: Personal

Als wohl größte Herausforderung identifizierten die Teilnehmer der Umfrage, 175 Berater, das Thema Personal: 71 Prozent bezweifeln, dass es angestammten Consulting-Firmen angesichts der Veränderungen am Markt künftig gelingen wird, sehr gut qualifizierte Mitarbeiter zu finden – 50 Prozent gaben an, dass es ihrem eigenen Arbeitgeber bereits schwerfalle, exzellente Berufseinsteiger für sich zu gewinnen.

Zu dem drohenden Engpass tragen nach Meinung der Befragten neue Marktteilnehmer wie Start-ups und Digitalfirmen bei. Sie dürften nach der Meinung von beinahe zwei Dritteln der Befragten (65 Prozent) bei der Personalrekrutierung zunehmend in Konkurrenz zu Unternehmensberatungen treten.

Kurz vor dem Absprung

Aber nicht nur gute Leute zu finden, sondern auch sie zu halten dürfte traditionellen Beratungshäusern immer größere Probleme bereiten. So identifiziert der Consulting-Monitor eine hohe Wechselbereitschaft. 46 Prozent der Umfrageteilnehmer stimmten 2015 der Aussage zu, dass ein beruflicher Karriereschritt in den kommenden zwölf Monaten aufgrund des aktuellen Wandels am Beratungsmarkt für sie persönlich wahrscheinlicher geworden ist. Rund die Hälfte der Berater gaben sogar an, im vergangenen Jahr mindestens ein Bewerbungsgespräch für eine Position außerhalb der Beratung geführt zu haben.

Präferenz Nummer eins für einen Wechsel ist nach wie vor die Industrie: 67 Prozent nannten das als wahrscheinlichen Karriereschritt. Wie im letzten Jahr folgt auf dem zweiten Rang die Arbeit in einer branchenseitig oder fachlich spezialisierten Unternehmensberatung (50 Prozent). Deutlich an Attraktivität gewonnen hat die Arbeit als Freelancer. Diese flexible Arbeitsform erreichte 2015 um sechzehn Prozentpunkte mehr als noch 2014 und liegt mit 38 Prozent nun auf dem dritten Platz der angestrebten Positionen.

Online-Freelance-Plattformen

Immerhin zwei von fünf Beratern können sich laut Consulting-Monitor heute vorstellen, als Freiberufler am Markt tätig zu sein. Dieser Trend, so die Einschätzung der Studienautoren, werde durch die Young Professionals oder Vertreter der Generation Y (geboren nach 1980) wahrscheinlich noch verstärkt; sie verlangen nach flexiblen Arbeitszeitmodellen. Da es als Freelancer nicht immer leicht ist, sich am Markt zu verkaufen, gewinnen laut Odgers Berndtson auch Online-Freelance-Plattformen an Bedeutung hinzu: Über 40 Prozent der befragten Berater sehen in diesen neuen Angeboten, die Freiberuflern die Projektakquisition erleichtern, eine ernsthafte Konkurrenz zu etablierten Beratungsunternehmen.

Attraktivere Arbeitsbedingungen

Acht von zehn Umfrageteilnehmern stimmen nicht zuletzt deshalb der Aussage zu, dass Unternehmensberatungen künftig ein Arbeitsumfeld bieten müssen, das den Lebensumständen, vor allem jenen der Generation Y, besser entspricht. 88 Prozent plädieren für flexiblere Arbeitszeitmodelle (wie beispielsweise Flextime oder Sabbaticals), 77 Prozent für bessere Weiterbildungsangebote, 75 Prozent für inhaltlich attraktivere Aufgaben (siehe Grafik). 66 Prozent sagen, dass es mehr Möglichkeiten zur Beteiligung an interner Unternehmensentwicklung geben sollte.

Weitere 64 Prozent sprechen sich für eine umfangreiche finanzielle Unterstützung bei Promotionsvorhaben respektive einem Masterabschluss aus. 62 Prozent wünschen sich ein besseres Gehalt. Weitere Angaben der befragten Berater: frühzeitige Verantwortung für Teilprojekte oder für Kunden, flachere Hierarchien oder mehr Mitarbeiterevents zur Förderung des Teamgeistes. Auf diesem Weg sind viele Traditionshäuser nun. (Lisa Breit, 27.2.2016)