Mitarbeiterempfehlungen zwecks Rekrutierung klappen dort gut, wo die Belegschaft happy ist – auch ein Auftrag an die Unternehmenskultur wird mitgeliefert. Die Firstbirds im Büro in Wien-Hietzing: Daniel Winter (CTO), Matthias Wolf (COO) und CEO Arnim Wahls.

Foto: Christian Fischer

Mit der schrittweisen Digitalisierung des Personalwesens – vor allem der Rekrutierungsprozesse – sind im "People-Business" bei vielen Unternehmen Probleme entstanden: Das ausschlaggebende menschliche Zusammenpassen kommt zu kurz, wird zu spät oder gar nicht geprüft, und in schablonisierten Rastern fällt die Fülle der Talente durch.

Zurück zum Analogen

Drei Gründer sind jetzt mit mittlerweile 16 fix Angestellten in der nächsten Dimension der Digitalisierung auf dem Markt und bringen damit, paradoxerweise, die analoge Welt zurück ins Recruiting. Dementsprechend auch das selbstbewusste Motto: "We bring humanity back zu human resources." Die Idee von Firstbird ist eigentlich altbekannt und altbewährt: Mitarbeiter empfehlen neue Mitarbeiter, erhalten dafür eine Anerkennung (meist monetär), tragen so die Reputation des Unternehmens hinaus und lenken den Blick der Firma auf vielleicht bisher Unentdeckte im Markt, die noch dazu ohne multiple Teambuildingseminare miteinander können.

Ein Tool und viele Möglichkeiten

Bis jetzt sind solche Programme aufgrund mangelnder emotionaler Aufladung, konsequenter Pflege und folglich entsprechender Einstellungserfolge gerne eingeschlafen. Das hat Google erlebt, das hat auch Arnim Wahls bei seinem Arbeitgeber, der Kanzlei Wolf Theiss, erlebt. Und schon vorher im Headhunting bei Kienbaum und Hudson. Dass es nachhaltig klappt, wenn es klappt, daran hat er allerdings auch geglaubt. Also wollte er ein Tool bauen, das Unternehmen ohne Programmierungsaufwand schnell einsetzen können, das keine Hemmschwellen für Mitarbeiter beinhaltet und sich dennoch an die jeweilige Unternehmenskultur anpasst – etwa in Fragen der Anerkennung. Wahls persönlich bevorzugt etwa Urlaubstage statt einer Geldprämie. 2013 war dann Firstbird geboren.

Kein leichtfertiges Gründen

"Mit 30 hat man das Hamsterrad einmal durch und fragt sich: Noch eine Runde?" Auch mit einem Nein auf diese Frage kam Matthias Wolf dazu. Auch er mit branchennahem Hintergrund: Geschäftsführung von Great Place to Work, dann Stellenmarktchef bei der "Presse". Daniel Winter, redefreudiger Softwareentwickler, ist einstiger Schulkollege des gebürtigen Schwarzwälders Wahls – ihm war es in einem großen IT-Konzern zu eng geworden.

Hatten alle drei Angst, die vermeintliche Sicherheit im Job loszulassen? Unisono: "Ja." Gab es einen magischen Ort, eine Garage, in der das Start-up Gestalt angenommen hat? "Nein", so Wahls, "wir haben überall und dauernd darüber geredet. Irgendwann braucht es dann den Mut, es auch zu tun – und wir haben es getan."

Schnelles Wachstum

Offensichtlich mit professionellem Geschick und Gespür auch in Sales-Belangen: Nach kurzer Aufbauzeit konnte das Wachstum (auf derzeit zusammen 22 Mitarbeiter) aus dem Cashflow finanziert werden, heuer sammelte Firstbird schon 600.000 Euro Wachstumskapital – hauptsächlich aus Investitionen des Beraterhauses Kienbaum – ein. Die Kunden dieses netzwerkbasierten Empfehlungsrecruitings – so der Terminus technicus – klingen: Bertelsmann, die Grazer Wechselseitige, PricewaterhouseCoopers, oder der Schweizer Medienkonzern Tamedia. Kooperationen mit Jobportalen wie zuletzt etwa mit jobs.ch befördern das Geschäftsmodell.

Party und große Worte

Von einem rumpeligen Start oder klassischen Scheiternsgeschichten können die drei "Dreißig plus" nicht berichten, es hat schon gut begonnen: Aus 500 Start-ups wurden sie 2014 für das Accelerator-Programm von Microsoft in Berlin ausgewählt, und sie erhielten Unterstützung aus dem EU-Technologiefonds. So kam es auch zum ersten Großevent: Am 1. März präsentierte sich Firstbird vor fast 200 Unternehmensvertretern (plus obligater Start-up-Party) in Berlin. Dass sie sich entlang der klassischen Wertschöpfungskette im Recruiting unter Personalberatern vor allem auf Professional-Level nicht bloß Freunde machen, ist den Firstbirds klar. Erneut selbstbewusst der Kommentar: "Wir wollen die Zukunft einläuten." (Karin Bauer, 2.3.2016)