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Am Grenzübergang Spielfeld kommen derzeit nur wenige Asylwerber an.

foto: aps/erwin scheriau

Wien – Am Mittwoch bestätigte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im ZiB-2-Interview, dass in Österreich trotz der beschlossenen täglichen Höchstzahl von 80 Asylanträgen pro Tag insgesamt rund 200 Asylanträge gestellt werden. Denn die 80 Anträge beziehen sich, wie der Standard schon vorher berichtet hatte, lediglich auf "die Südgrenze" und dort ausschließlich auf den Grenzübergang Spielfeld. Die an anderen Grenzen oder sonst im Land gestellte Asylanträge werden darunter nicht subsumiert.

In Spielfeld arbeitet die slowenische Polizei eng mit der österreichischen zusammen. Pro Tag schickt Slowenien nur ein Kontingent von 80 Flüchtlingen, die in Österreich Asyl beantragen wollen, über die Grenze.

Abgeschreckt

Überzählige in Österreich asylantragswillige Personen müssen in slowenischen Unterkünften warten. Aufgrund des Umstands, dass die Flüchtlingszahlen auf der Balkanroute infolge der betriebenen gezielten Abschreckungspolitik zuletzt schlagartig zurückgegangen sind, geschah das bisher nicht.

Somit ist es im Grunde der Nachbarstaat Slowenien, der Österreich das Einhalten seiner offensiv kommunizierten Flüchtlings-Tagesobergrenze ermöglicht. Und damit gleichzeitig – trotz Obergrenze – das Einhalten einer grundlegenden Regel im Flüchtlingsrecht: dass jeder Flüchtling, der in einem anderen Land um Asyl ersucht, dort ein Asylverfahren zu bekommen hat.

Österreich hat diese Regel bisher trotz aller Asylgesetzverschärfungen eingehalten. Und auch zurzeit orten gut informierte Kreise in Ministerien und Regierung keine offene Bereitschaft in der politischen Führungsriege, offensiv gegen das Völker- und Europarecht zu verstoßen.

Countdown bis Juli

Das führt zu der Frage, was Regierung und Behörden zu tun gedenken, sobald die um nichts weniger laut kommunizierte Jahres-Höchstzahl von 37.500 Asylanträgen überschritten sein wird. Sollte es bei (nur) durchschnittlich 200 Asylanträgen täglich bleiben, wird das Mitte Juli der Fall sein – sollte der Familiennachzug enger Angehöriger von Schutzberechtigten dazugezählt werden, früher.

Laut Stimmen aus den Ministerien und der Regierung ist völlig unklar, was dann geschehen soll. Auch dass die beim Europarechtler Walter Obwexer und dem Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk in Auftrag gegebenen Obergrenzen-Gutachten einen Ausweg aus völker- und flüchtlingsrechtlichen Verpflichtungen weisen, wird bezweifelt.

Italien-Ängste

Untermalt wird dies durch Befürchtungen, dass sich die Flüchtlingsroute Richtung Österreich verlagern könnte, etwa über Albanien oder auch über die große Mittelmeerroute nach Italien. Mit dem südlichen Nachbarstaat würden Kontingentvereinbarungen à la Slowenien wohl nicht möglich sein – mit dem Resultat vieler zusätzlicher Asylanträge an den dortigen Grenzen, heißt es. (Irene Brickner, 26.2.2016)