Deutschlands Innenminister de Maizière mag Österreich trotzdem.

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Brüssel – Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hat am Donnerstag vor Beginn des EU-Innenministerrats in Brüssel "trotz unterschiedlicher Auffassungen" in der Flüchtlingskrise die gute Zusammenarbeit mit Österreich betont. "In der Frage einseitiger nationaler Maßnahmen haben wir unterschiedliche Auffassungen, sind aber einig im Ziel, gemeinsame europäisch koordinierte Maßnahmen zu ergreifen."

Thomas de Maizière vor dem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel.
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Die "Zeit des Durchwinkens" sei vorbei, sagte de Mazière. Diese Politik bedeute, "Probleme zulasten anderer Staaten zu lösen, zum Beispiel zulasten Deutschlands. Das ist inakzeptabel, und das werden wir auf Dauer nicht hinnehmen." Sollte es bis zum EU-Sondergipfel mit der Türkei am 7. März keine Ergebnisse geben, müsse man "andere gemeinsame, europäisch koordinierte Maßnahmen" beschließen. Welche das sein könnten, wollte de Maizière nicht sagen: "Das sehen wir dann."

Griechenland soll in die Türkei abschieben

Die Situation in Griechenland bezeichnet de Maizière als schwierig. Deshalb sei es sehr wichtig, dass der Schutz der Außengrenzen an der türkisch-griechischen Grenze funktioniere. "Dort müssen wir die Zahl der Flüchtlinge drastisch und nachhaltig verringern." Griechenland solle die Türkei zu einem sicheren Drittstaat erklären und Flüchtlinge dorthin zurückschicken. Wenn das passiere und trotzdem noch Probleme in Griechenland auftreten, müsse man den Griechen helfen, "etwa bei der Unterbringung".

Ziel bis zum Sondergipfel mit der Türkei sei eine "erhebliche Verringerung der Zahl der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze", sagte de Maizière. Die Ankündigung des ungarischen Referendums über die Flüchtlingsquote wollte er nicht kommentieren.

Mikl-Leitner: "Anfang vom Ende des Durchwinkens"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verteidigte das gemeinsame Vorgehen Österreichs und der Balkanstaaten einmal mehr. Die Initiative sei "der Anfang vom Ende des Durchwinkens", sagte Mikl-Leitner am Donnerstag in Brüssel.

Johanna Mikl-Leitner vor dem Gipfelbeginn in Brüssel.
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Mit den Balkanländern, Griechenland, Deutschland und den EU-Institutionen habe es in der Früh ein "sehr offenes Gespräch" gegeben. Dabei habe ihr griechischer Kollege wieder betont, dass sein Land die Außengrenze kaum schützen könne. "Wenn Griechenland das nicht kann, liefert es sich das beste Argument, warum andere handeln", so Mikl-Leitner. Vetodrohungen habe es diesmal aber nicht gegeben.

Innenministerin: Österreichs Schritte rechtskonform

Ziel der Balkaninitiative sei eine Reduktion der Migrationsströme, bekräftigte Mikl-Leitner. Selbstverständlich dürften Schutzbedürftige die Grenze passieren, das sei eine internationale Regel. Ob das auch für Afghanen gelte, müsse jedes Land selbst entscheiden. Gerade bei angeblich aus Afghanistan stammenden Flüchtlingen habe sich gezeigt, dass viele aus anderen, sicheren Regionen kommen würden.

Zu dem Rechtsstreit mit der EU-Kommission über die Asylobergrenze sagte Mikl-Leitner, sie habe in der Früh auch mit EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos gesprochen. Die Teilnehmer der Balkankonferenz glaubten an eine europäische Lösung, "aber solange wir am Stand treten, müssen wir kleine, aber entschlossene Schritte setzen". Alle Maßnahmen, die Österreich gesetzt habe, seien rechtskonform. Kein Land könne dazu verpflichtet werden, mehr zu leisten, als es kann.

EU-Kommission wartet bei Ungarn-Referndum

Streitpunkt beim Gipfel ist auch das angekündigte Referendum in Ungarn zur EU-Quotenregelung. Die EU-Kommission wartet auf eine Klärung. Eine Sprecherin erklärte am Donnerstag in Brüssel, "wir haben über diese Idee gelesen". Sie könne noch nicht sagen, ob dies mit den EU-Verträgen übereinstimme.

Die nationale Debatte in Ungarn sei im Laufen und noch nicht abgeschlossen. Deswegen warte man auf eine Klarstellung von Budapest. Ein Sprecher fügte hinzu, es gebe a priori weder eine positive noch eine negative Stellungnahme gegenüber der Idee eines Referendums. Die EU-Staaten würden entscheiden, ob es Referenden gebe oder nicht.

EU-Treffen in Brüssel

In der Flüchtlingskrise befassen sich die EU-Innenminister am Donnerstag mit der Lage auf dem Balkan und der Sicherung der Außengrenzen. Noch vor Beginn des Treffens kam de Maizière mit Vertretern jener Staaten zusammen, die am Mittwoch in Wien verschärfte Grenzkontrollen entlang der Balkanroute beschlossen haben.

Mikl-Leitner wird bei dem Treffen die jüngsten Restriktionen in der österreichischen Flüchtlingspolitik verteidigen müssen. Die EU-Minister beraten über einen Vorschlag zum Aufbau einer gemeinsamen Küsten- und Grenzschutzbehörde, die notfalls auch gegen den Willen eines Mitgliedsstaats eingreifen soll. Auch auf schärfere Überprüfungen bei der Einreise an den EU-Außengrenzen wollen sich die Innenminister einigen. Das Ziel ist, Jihad-Verdächtige aufzuspüren, die Anschläge in Europa verüben könnten. An dem Treffen nimmt auch der stellvertretende türkische Innenminister Sebahattin Öztürk teil. (APA, 25.2.2016)