Eine runde Sache: Bürger finanzieren Projekte ihrer Kommunen und sollen dafür eine Rendite erhalten – entweder monetär oder etwa auch als Recht zum Bezug von verbilligtem Ökostrom.

Foto: Martin Schutt

Wien – Der Festsaal gehört renoviert, aber die Gemeindekassa ist leer. Eine Ortschaft will nachhaltigere Energie, aber die Bank finanziert die Idee nicht mit. Projekte wie diese werden immer öfter mit der sogenannten Bürgerbeteiligung umgesetzt. So geschehen ist es etwa in Purkersdorf, wo die Bürger sich am Bau der neuen Photovoltaikanlage beteiligen konnten. Auch in Bad Eisenkappel und in Rechberg wurde die grüne Energie derart installiert.

"Dass sich Projekte ihr Kapital suchen, ist nichts Neues", sagt Thomas Hillebrand, Finanzexperte bei PWC. Doch immer öfter würden Bürger dazu eingeladen, sich zu beteiligen. "Daher", betont Hillebrand, "muss man immer auch darauf achten, welches Modell für die Finanzierung ausgewählt wird." Damit verbunden gibt es Rechte und Pflichten – und freilich Risiken. Die Sicherung der Einlagen ist dabei ein wichtiges Thema, aber auch, "ob eine Konstruktion eine Banklizenz erfordert oder ein Kapitalmarktprospekt erstellt werden muss".

Investment oder Beteiligung

Zuerst gelte es, Investments von Beteiligungen zu unterscheiden. "Beim Investment geht es primär darum, Geld zu verdienen", sagt Hillebrand. Bei einer Beteiligung könne auch eine andere Form der Rendite im Vordergrund stehen: etwa verbilligter Ökostrombezug durch die Mithilfe bei der Finanzierung einer Solaranlage oder ein Internetzugang durch die Beteiligung am Glasfaserausbau.

Für jedes Vorhaben, das eine Gemeinde oder sonst ein Verein umsetzen will, braucht es einen rechtlichen Träger, der das Projekt auf den Boden bringt. Folgende Modelle kommen hierfür in der Praxis am häufigsten vor:

· Beteiligung an einer Gesellschaft Solch eine Beteiligung kann an einer AG, GmbH, Kommanditgesellschaft oder einer Genossenschaft erfolgen. Die Entgegennahme und Verwaltung von Eigenkapital durch diese Gesellschaft erfordert keine Konzessionspflicht nach dem Bankwesengesetz (BWG). Zu beachten ist aber, dass man bei dieser Form zwar an den Gewinnen, aber auch an den Verlusten der Gesellschaft beteiligt ist. Der Verlust des eingesetzten Kapitals ist daher möglich. Die Einlagen sind nicht gesichert.

Wird die Verlustteilnahme ausgeschlossen – etwa bei einer stillen Gesellschaft -, kann es sich laut Finanzmarktaufsicht (FMA) um ein konzessionspflichtiges Einlagengeschäft gemäß BWG handeln. Erfolgt ein öffentliches Angebot, kann auch die Prospektpflicht gelten. Bei der genossenschaftlichen Beteiligung ist zudem eine Nachschusspflicht möglich.

· Sale and Lease Back Diese Geschäfte – die Gemeinde errichtet etwa eine Photovoltaikanlage und verkauft einzelne Module an die Bürger – sind weder BWG-konzessions- noch prospektpflichtig. Den beteiligten Bürgern wird aber auch kein Einblick in das jeweilige Unternehmen gewährt und – so dies nicht anders geregelt ist – es gibt auch keine Informationspflicht. Die Einlagen sind nicht gesichert.

· Qualifiziertes Nachrangdarlehen Es wird ein Vertrag abgeschlossen, bei dem der Darlehensgeber einem anderen Geld zur Nutzung überlässt – dieser zahlt dafür meist Zinsen. Allerdings beinhaltet die Vereinbarung, dass die Zinsen und das Darlehen bei dessen Fälligkeit nur gezahlt werden müssen, wenn das Unternehmen es sich auch leisten kann, ohne zahlungsunfähig zu werden. Ein Nachrangdarlehen ist damit eine Form der Finanzierung von Unternehmen, bei der laut FMA in der Regel keine Sicherheiten gegeben werden. Im Falle der Insolvenz des Unternehmens werden zuerst die Forderungen der vorrangi- gen Gläubiger befriedigt und erst dann jene der "Nachranggläubiger", wenn dies noch möglich ist. Wegen der Nachrangigkeit werden aber oft höhere Zinsen als bei üblichen Darlehen zugesagt.

Gelder, die als qualifizierte Nachrangdarlehen entgegengenommen werden, sind laut FMA keine Einlagen im Sinne des Bankwesengesetzes. Es gibt daher auch keine Einlagensicherung. Ein Totalverlust der Investition ist mit dieser Konstruktion möglich.

· Sparbuchmodell Bei dieser Form wird mit einer Bank zusammengearbeitet, die ein Sparbuch mit Zweckbindung eröffnet, auf das die Bürger ihre Einlagen legen. Mit diesem Guthaben vergibt die Bank einen Kredit an den Projektbetreiber, damit das Vorhaben umgesetzt werden kann. Die Bürger erhalten eine fixe Verzinsung. "Der Vorteil bei diesem Modell ist, dass die Einlagen der Bürger durch die Einlagensicherung der Bank gesichert sind", sagt PWC-Expertin Barbara Wiesinger.

Mittel als Wagniskapital

Die bei Bürgerbeteiligungen eingesetzten Mittel sind damit "oft ein Wagniskapital und gelten damit als Risikokapital", fasst Hillebrand zusammen. Und das müsse den Bürgern auch so gesagt werden. Die Bürgerbeteiligung per se findet der PWC-Finanzexperte dennoch positiv. Denn diese Form der Beteiligung habe eine Signalwirkung und sei besser, als irgendein unbekannter Fonds stelle plötzlich Windräder in die Landschaft. Aber es gelte die Zahlungsströme im Auge zu behalten. (Bettina Pfluger, 25.2.2016)