Nicht touristische Hochglanzfotos, sondern Bilder wie dieses werden aus Dresden wahrgenommen.

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Bettina Bunge redet gar nicht erst herum. "Menschen haben sich bewusst gegen einen Dresden-Besuch entschieden und ihre Privat- oder Geschäftsreise abgesagt, wie wir von Veranstaltern und Branchenvertretern wissen", sagte die Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH, als sie diese Woche die Entwicklung der Gästezahlen beschrieb. Vor allem auf Gäste aus dem Inland wirkte sich der "Pegida-Effekt" demnach aus: 2015 sank die Zahl ihrer Übernachtungen um 5,1 Prozent auf etwa 3,4 Millionen.

Eine repräsentative Marktstudie zeigt: Der Ruf der Stadt mit architektonischen Perlen wie Frauenkirche, Zwinger und Semperoper leidet vor allem bei Studenten, Wissenschaftern und Touristen aus Deutschland. Schließlich sehen diese jede Woche nicht nur Deutschland-Fahnen, sondern auch Anti-Merkel-Slogans, fremdenfeindliche Sprüche und selbstgebastelte Minigalgen vor der Kulisse der sächsischen Hauptstadt.

Auch Firmen in Sorge

Besorgt sind nicht nur Touristiker, sondern auch Wirtschaftstreibende. Sie wollen nun mit dem sächsischen Wirtschaftsminister Stefan Brangs (SPD) eine Imagekampagne ausarbeiten, um zu zeigen, dass es in Sachsen sehr wohl eine Willkommenskultur gebe. "Wir haben lange daran gearbeitet, als Musterländle wahrgenommen zu werden", sagt Reinhard Pätz, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau Ost. "Diesen Ruf drohen wir jetzt zu verspielen."

Pätz verweist auch auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Clausnitz und Bauten. Diese "bedeuten einen gewaltigen Imageschaden für Sachsen als Wirtschaftsstandort". Die Vorfälle in Clausnitz, wo ein wütender Mob Flüchtlinge nicht aus einem Bus in ihre Unterkunft lassen wollte, und in Bautzen, wo ein geplantes Flüchtlingsheim angezündet wurde, beschäftigten am Mittwoch auch den Bundestag.

25 Jahre "Verharmlosung"

Linke und Grüne machten für den verstärkten Fremdenhass in Sachsen auch die CDU verantwortlich, die seit 25 Jahren (seit der Wiedervereinigung) den Ministerpräsidenten stellt. "25 Jahre Versagen" im Kampf gegen Rechtsextremismus warf ihr Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch vor. Auch der grüne Fraktionsführer Anton Hofreiter sieht "eine 25-jährige Geschichte der Verharmlosung".

Redner beider Fraktionen bezogen sich auf eine Statistik des sächsischen Innenministeriums, wonach es in Sachsen im vergangenen Jahr 109 Attacken auf Flüchtlingsheime gab – in Relation zur Bevölkerungszahl sind das so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland. Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz bemerkt in Sachsen eine "Pogromstimmung, die eine kreuzgefährliche Intensität bekommt".

Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Günter Baumann hingegen sieht in der Kritik einen "Frontalangriff" auf Sachsen, der "absolut ungerecht" sei. Vielmehr sei der Ruf "durch Einzelne, die sich außerhalb des Gesetzes befinden, zu Schaden gekommen". (Birgit Baumann aus Berlin, 24.2.2016)