Mit ihrer umstrittenen Westbalkankonferenz, gewissermaßen die erste außenpolitische Krawallinitiative seit ungefähr Bruno Kreisky, macht die österreichische Bundesregierung am Mittwoch europaweit von sich reden. Das ist im Prinzip gut, ruft es doch in Erinnerung, dass in der Mitte Europas noch so ein Fleck ist, der neben Bergen, Violinen und ansprechender Gastronomie auch eine geopolitische Bedeutung hat.

Form und Absicht dieser Wiener Konferenz sind allerdings einigermaßen fragwürdig. Außen- und Innenministerium argumentieren, solange keine europäische Lösung in der Flüchtlingsfrage gefunden sei, müssten eben "nationale Maßnahmen" gesetzt werden: Die Obergrenze für Asylwerber und ein Bollwerkabkommen mit den Nachbarn entlang der Balkanroute, von Maribor bis Skopje, so muss man verstehen. Mit Griechenland, das von den Flüchtlingen als erste Station in der EU angelaufen wird, ist im Moment nichts mehr zu bereden, lautet das Signal aus Wien. Griechenlands Innen- und Außenminister sind deshalb gar nicht erst eingeladen worden.

Sebastian Kurz und Johanna Mikl-Leitner mögen den europäischen Geist so viel beschwören, wie sie wollen. Kaufen kann sich Athen davon jetzt nichts. Mangels Solidarität und europäischen Geistes wird Griechenland nun faktisch isoliert. Rund 9.000 Flüchtlinge sind seit Wochenbeginn in Piräus eingetroffen. 20.000 mögen es zum Ende dieser Woche sein, 40.000 bis zum übernächsten Wochenende. Die muss die griechische Regierung irgendwie unterbringen. Wie soll das funktionieren? Der belgische Rechtsaußen-Staatssekretär für Migration, Theo Francken, hatte im EU-Ministerrat schon eine Idee: ein Riesenlager in Athen für 400.000 Flüchtlinge, gut eingezäunt. Sein griechischer Kollege Yiannis Mouzalas hatte einen Einwand, den andere durchaus teilten: Das letzte Mal, dass es in Europa Lager von solcher Größe gab, war während des Nationalsozialismus. (Markus Bernath, 24.2.2016)