Wien – Mit scharfen Worten haben Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die Kritik der EU-Kommission an Österreichs Asylobergrenzen zurückgewiesen. Die Position der Kommission sei "unsinnig", sagte Faymann am Dienstag. "Auf diese Art von Ratschlag können wir verzichten", polterte der Kanzler im Anschluss an den Ministerrat. Wie die EU derzeit mit den Fluchtbewegungen aus Syrien und Afghanistan umgehe, sei "fahrlässig", so Faymann.
Auch Mitterlehner wollte die Kritik, wonach die Obergrenzen EU-Recht widersprechen, nicht gelten lassen. "Die Argumentation der EU ist nicht nur unsinnig, sondern auch völlig widersprüchlich", so der Vizekanzler. Eine Obergrenze sei "derzeit alternativlos", zumal beim Plan der EU, die Außengrenzen abzuriegeln und die schon in der EU angekommenen Flüchtlinge besser aufzuteilen, nichts weitergehe.
Brandstetter: "Geduld strapaziert"
Österreich sei ein Vorbild an Hilfsbereitschaft, schloss sich Faymann dem Tenor eines von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) an EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos gerichteten Briefs an. Würden alle EU-Staaten so viele Asylanträge annehmen wie Österreich, "dann kämen wir auf 2,5 Millionen", so der Kanzler. Brandstetter hatte zuvor in einem emotional formulierten Brief an den griechischen Flüchtlingskommissar auf dessen Kritik an den Obergrenzen reagiert und gefragt, "wie lange unsere Geduld noch strapaziert" werde.
Auch die Kritik aus Deutschland lässt Faymann nicht gelten. Wenn Deutschland auf andere Maßnahmen setze als Österreich, "dann werden wir dem respektvoll entgegentreten" – er erwarte denselben Umgang aber auch von der deutschen Regierung. Im Übrigen hält Faymann es für denkbar, dass die Flüchtlingspolitik in Österreich und Deutschland "bald wieder im Gleichklang steht". Was genau er mit dieser Formulierung meine, wollte Faymann auf Nachfrage nicht konkretisieren.
Van der Bellen hat Verständnis
Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen hat wegen der Flüchtlingskrise Verständnis für Kontrollen an Europas Binnengrenzen. Nach den Erfahrungen des letzten Jahres seien diese nachvollziehbar, sagte Van der Bellen am Dienstag. Er warnte davor, in der Flüchtlingspolitik "blauäugig" zu sein. Am Rand des Starts seiner Unterschriftensammlung in der Innsbrucker Innenstadt betonte er gleichzeitig, dass Asylverfahren "mehrfach verfassungsrechtlich abgesichert" seien. Er trete dabei für "Kontrolle und Registrierung", aber gegen Abweisung ein.
Zur deutschen Kritik an Österreichs Obergrenze von 3.200 Flüchtlingen, die täglich nach Deutschland durchreisen dürfen, meinte Van der Bellen, er würde in einem solchen Fall mit dem deutschen Präsidenten Joachim Gauck Kontakt aufnehmen. Es stelle sich die Frage, welche Position Deutschland konkret einnehme und ob etwa Innenminister Thomas de Maizière mit Kanzlerin Angela Merkel überhaupt übereinstimme. (sterk, APA, 23.2.2016)