"Hochgradig unsozial und unsolidarisch" findet die Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) die Kürzungen der Mindestsicherung in einigen Bundesländern.

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Wien – Bei vielen Themen gilt unter den Bundesländern die Devise: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Beim Thema Flüchtlinge und damit verbunden beim Thema Mindestsicherung geht es dagegen offenbar eher "jeder gegen jeden". Zumindest empfindet das Maria Vassilakou so, Wiener Grünen-Chefin und Vizebürgermeisterin.

Die Kürzungen, die einige Länder derzeit im Alleingang bei der Mindestsicherung beschlossen haben, seien "hochgradig unsozial und unsolidarisch", sagt Vassilakou zum STANDARD. So beschloss der niederösterreichische Landtag in der Vorwoche, die Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte zu kürzen – mit der Begründung, Salzburg und das Burgenland hätten dies bereits getan, in Oberösterreich sei es in Planung.

Mangelnde Solidarität

Man habe die Mindestsicherung aber eingeführt, um den ärmsten Menschen in Österreich eine finanzielle Grundlage zu gewähren. Wenn man nun selektiv bestimmen wolle, wer ein volles, ein halbes oder gar kein Anrecht darauf habe, sei das "nur der Beginn eines offenbar großflächig geplanten Sozialabbaus", sagt die Wiener Vizebürgermeisterin.

Vassilakous Vorwurf der mangelnden Solidarität bezieht sich aber auch auf das Verhältnis der Länder untereinander: "Was Oberösterreich, Niederösterreich und das Burgenland gerade tun, ist in höchstem Grade unsolidarisch Wien gegenüber", wettert die Grüne Vizebürgermeisterin.

Kürzungsbeschlüsse "verfassungswidrig"

In der Bundeshauptstadt denke man nicht daran, hier nachzuziehen, sagt Vassilakou. Zudem seien aus Wiener Sicht die Kürzungsbeschlüsse der Länder "klar verfassungswidrig, weil gegen den Gleichheitsgrundsatz".

Die Attacke mag auch damit zu tun haben, dass Neos-Mandatar Sepp Schellhorn jüngst in einem "Profil"-Interview behauptete, dass NGOs Flüchtlingen vorrechneten, dass es in der Bundeshauptstadt mehr Mindestsicherung gebe – was viele dazu bewege, nach Wien zu ziehen.

Nicht zufällig lobt Vassilakou etwa Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der sich beim Thema Mindestsicherung bisher "untadelig verhalten" habe. Dieser solle nun namens der Bundesregierung einen Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof einbringen, fordert Vassilakou.

Stöger winkt auf STANDARD-Nachfrage vorerst ab: Erstens stehe man in Verhandlungen mit den Ländern – und zweitens habe man ja zu genau dieser Frage ein Gutachten beauftragt. Erst wenn dieses vorliege, werde es "weitere Entscheidungen geben", heißt es vonseiten des Ministers. (Petra Stuiber, 22.2.2016)