Gegen den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser wird immer noch wegen Untreue ermittelt.

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Klagenfurt – "Noch nie herrschte in den letzten Jahren eine solche Nervosität in der Landesregierung", klagt ein – ungenannt bleiben wollendes – Mitglied eines Kärntner Regierungsbüros. Allen sei klar, dass man sich momentan in der Landespolitik auf sehr, sehr dünnem Eis bewege.

Schwer lastet etwa der magische Termin des 11. März. Bis dahin gilt das 75-Prozent-Angebot für den Rückkauf landesbehafteter Heta-Anleihen. Dann müssen die Heta-Gläubiger bekanntgeben, ob sie das Kompromissangebot annehmen werden oder nicht. Bisher zeigen mächtige Investorengruppen kein Interesse am Kärntner Angebot. Sie wollen 100 Prozent. Im Worst Case droht dem Bundesland die Pleite.

Mögliche Anklage gegen Kaiser

Und dann schwebt noch immer die mögliche Anklage gegen Landeshauptmann Peter Kaiser und die SPÖ-Spitze wegen des Vorwurfs der Untreue im Zusammenhang mit der Topteam-Affäre im Raum. Es geht um den Verdacht der Parteienwerbung auf Landeskosten. Kaiser hat angekündigt, im Falle einer Anklageerhebung zurückzutreten.

Diese beiden Unwägbarkeiten könnten das Land, das sich nach den "Haider-Jahren" politisch langsam wieder stabilisiert hat, wieder völlig aus dem Lot bringen.

SPÖ legt in Umfrage zu

Dabei hat sich die Dreierkoalition aus SPÖ, Grünen und ÖVP trotz Heta, trotz Topteam-Affäre und trotz Flüchtlingsproblematik erstaunlich stabilisiert – wenn auch die FPÖ mit dem Flüchtlingsthema wieder Oberwasser bekommen hat: In einer aktuellen, von den Grünen in Auftrag gegebenen Sora-Umfrage (Sample: 1.240 Befragte) würde die SPÖ sogar von 37 auf 39 Prozent zulegen, die Grünen von zwölf auf 13 Prozent. Die ÖVP bliebe auf ihrem Niveau von 14 Prozent. Die Freiheitlichen erhöhen laut dieser Umfrage, die dem STANDARD vorliegt, ihren Wert der letzten Wahl von 17 Prozent auf 26 Prozent, während sich das Team Stronach von elf auf zwei und das BZÖ von sechs auf ein Prozent marginalisieren.

Hofinger: FPÖ "kannibalisiert" Team Stronach und BZÖ

"Interessant ist natürlich, dass das Erstarken der FPÖ nicht auf Kosten der Regierung geschieht, sondern die FPÖ das Team Stronach und das BZÖ kannibalisiert", sagt Christoph Hofinger vom Sora-Institut. Kaiser habe seine Partei und auch die Regierung durchaus stabilisieren können. "Vom Typus her" sei Kaiser zurzeit der Richtige, es bestehe nach den turbulenten Haider-Jahren ein Bedürfnis nach einem neuen Typ von Landeshauptmann, "nach Politikern mit weniger Glamour".

Eine Lust auf alte Zeiten seien jedenfalls nicht beobachtbar. Hatten früher vier von zehn Befragten angegeben, die FPÖ zu wählen, so halten jetzt vier von zehn die FPÖ gerade einmal für "grundsätzlich wählbar", sagt Hofinger.

Politologin: FPÖ-Potenzial weiter bei 30 Prozent

Dennoch, das Land bleibe politisch volatil, vieles könne sich wieder ändern, sagt die Kärntner Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle. "Ich bin immer davon ausgegangen, dass das Potenzial der Kärntner FPÖ bei rund 30 Prozent liegt. Wenn die Faktoren stimmen, kommen sie sehr rasch wieder auf diesen Wert", sagt Stainer-Hämmerle im Gespräch mit dem STANDARD.

Die FPÖ profitiere momentan natürlich von der überregionalen Stimmung, ihr Anstieg habe keine landespolitischen Ursachen. Noch aber fehle den Freiheitlichen eine Führungspersönlichkeit. "Aber das kann sich ergeben, wenn sich die politische Situation in Kärnten wieder zuspitzt", sagt Stainer-Hämmerle. Die zentrale Frage werde sein, ob sich eine blau-schwarze Achse in Kärnten bilden werde. Dann nämlich, wenn Landeshauptmann Kaiser und die SPÖ tatsächlich in Bedrängnis geraten. Die politische Dynamik, die dann ausgelöst werde, sei nicht abschätzbar. (Walter Müller, 22.2.2016)