Wien – Aufatmen in Deutschland: Der Staat darf exklusiv mit dem derzeitigen Mautbetreiber Toll Collect über die Erweiterung des Mautsystems für Lkw auf allen Bundesstraßen verhandeln, entschied die zweite Vergabekammer des Bundes. Die österreichische Kapsch TrafficCom hatte dagegen Einspruch erhoben. Wäre dem stattgegeben worden, dann hätte sich die Entscheidung über die Vergabe wohl um Jahre verzögert.

Die Vergabekammer meint, es sei zulässig, dass der deutsche Staat ausschließlich mit der Toll Collect verhandelt. Denn das Unternehmen habe "Ausschließlichkeitsrechte (insbesondere Urheberrechte an der Software des Systems und das Eigentum an Anlagen und Einrichtungen) aufgrund derer sie jederzeit den Zugriff Dritter auf das Mautsystem unterbinden könne. "Demnach ist rechtlich allein die Toll Collect GmbH in der Lage, die geplante Ausdehnung der Lkw-Mautpflicht bis Mitte 2018 technisch durchzuführen" heißt es in einer Aussendung der Behörde vom Freitag.

Der Bund verschaffe damit der Toll Collect auch keinen Wettbewerbsvorteil für die Neuausschreibung des Betriebs des gesamten Mautsystems ab September 2018, meint Andreas Mundt, Präsident des deutschen Bundeskartellamtes. Denn der Bund habe bereits angekündigt, eine Call Option zu ziehen und die Gesellschaftsanteile der Toll Collect bei Auslaufen des Vertrages zu übernehmen. "Da er dann selbst Inhaber aller Rechte sein wird, kann der Bund den Betrieb des Mautsystems im Wettbewerb neu vergeben", so Mundt.

Auch müsse der Bund die Call Option nicht vorzeitig ziehen. Im Zuge der Vergabenachprüfung dürften die zuständigen Instanzen nicht eingreifen. Gegen die Entscheidung kann eine sofortige Beschwerde eingelegt werden, über die gegebenenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde, schreibt das Bundesvergabeamt.

Kapsch will sich in einer ersten Reaktion nicht festlegen, ob so eine Beschwerde eingelegt wird. "Wir haben die Entscheidung der Vergabekammer zur Kenntnis genommen und werden die Begründung der Entscheidung analysieren" heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Allerdings hält man fest, dass die geplante Ausweitung des Mautsystems um etwa 40.000 Kilometer auf deutschen Bundesstraßen wesentliche Veränderungen der eingesetzten Technologie mit sich bringe. "Somit kann nicht von einer reinen Verlängerung des bestehenden Systems ausgegangen werden", schreibt Kapsch in der Aussendung. Bei einer reinen Vertragsverlängerung sei es hingegen sinnvoll, die Betreiberverhältnisse weiterzuführen – "dies gilt für die deutschen Autobahnen wie auch für Systeme in anderen Ländern". (APA, 19.2.2016)