Studenten trauen ihren Kollegen mehr zu als ihren Kolleginnen. Für den Anthropologe Dan Grunspan ist dieses Studienergebnis ein Warnsignal.

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Männer stufen ihre Studienkolleginnen als weniger leistungsfähig und sachkundig ein als ihre Kollegen – unabhängig von deren tatsächlichen Leistungen. Zu diesem Ergebnis kam eine neue Studie von ForscherInnen der University of Washington, die die Wahrnehmung des Erfolges von StudentInnen durch ihre KollegInnen untersuchte.

Dafür wurden rund 1.700 TeilnehmerInnen aus drei einführenden Biologiekursen befragt. Die Studierenden mussten ihre KollegInnen dahingehend beurteilen, inwieweit sie über ein "starkes Verständnis des Unterrichtsmaterials" verfügen, sie mussten auch ihre persönlichen "Klassenstars" ("Celebrities") bezüglich ihrer inhaltlichen Performance nominieren.

Männliche "Stars"

Es zeigte sich, dass sowohl für Frauen als auch für Männer die Wahrnehmung von Kolleginnen oder Kollegen vom eigenen Geschlecht abhing; die positivere und stärkere Wahrnehmung von Frauen gegenüber Frauen gibt es zwar auch, jedoch in deutlich geringerem Ausmaß: Die positivere Wahrnehmung unter Frauen verbesserte den Durchschnitt der geschätzten Noten um vier Prozent, bei Männern waren es hingegen 76 Prozent.

Auch die Wahl des "Stars" des jeweiligen Kurses fiel deutlich öfter auf einen Studenten. In zwei Klassen waren die ersten vier Plätze der nominierten "Stars" von Männern besetzt, in der dritten Klasse waren ebenfalls die ersten drei Plätze der nominierten "Stars" männlich.

Die Studie konnte zeigen, dass Studentinnen mit demselben Leistungslevel wie Studenten eher übersehen werden und trotz ihrer Fachkenntnisse nicht denselben Status in der Wahrnehmung ihrer Kollegen erreichen.

Ergebnisse sollten eine Warnung sein

Diese Ergebnisse würden zeigen, dass allein das Faktum "männlich" förderlich sein kann, sagt der Anthropologe und Erstautor der Studie Dan Grunspan. College-Studentinnen in MINT-Programmen verwerfen ihre Hauptfächer sowohl früher als auch öfter als ihre Kollegen. Die genderbasierte Leistungswahrnehmung könnte hierfür eine Begründung liefern. Grunspan ist überzeugt, dass die Bestärkung innerhalb der eigenen Peer-Group wie auch die von Fakultätsmitgliedern für die Ausbildung und den Karriereverlauf junger Menschen enorm wichtig seien. Ein einfaches "Du kannst das schaffen" entscheide nicht selten darüber, ob sich Studierende durch diverse Widerstände kämpfen oder einfach aufgeben.

Der Wissenschafter sieht die Studienergebnisse auch als Warnung, schließlich würden die Studierenden von heute später wichtige Entscheidungen über Einstellungen oder Beförderungen treffen. (beaha, 19.2.2016)