Wien – Der Vorschlag klingt sehr technisch, seine Umsetzung hätte aber durchaus gravierende Folgen. Wie das Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch berichtete, hat Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bei einer Diskussionsveranstaltung der Denkfabrik Agenda Austria Verschlechterungen beim Aufwertungsfaktor für das Pensionskonto vorgeschlagen.

Worum es dabei geht: Um der Entwertung der Gutschriften auf den Pensionskonten entgegenzuwirken, werden diese jedes Jahr mit einem bestimmten Prozentsatz aufgewertet. Diese Aufwertungszahl wird vom Sozialministerium per Verordnung festgelegt und orientiert sich an der Steigerung der Beiträge für die Pensionsversicherung.

Der neue Sozialminister Alois Stöger (li.) ist über den Vorschlag von Hans Jörg Schelling nicht amused.
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Jährliche Anpassung

Wer bereits einen Pensionsanspruch hat, bekommt ebenfalls eine jährliche Anpassung, sie orientiert sich aber an der Inflation, ist also in der Regel niedriger. Schelling sieht die Bevorzugung der Pensionskonten kritisch: "Man muss sich fragen, warum es das gibt. Das sind historische Dinge. Ich schlage vor, diese Dinge aktiv anzugehen und umzusetzen", sagte er.

In der SPÖ stieß er damit prompt auf Widerstand. "Eine Kürzung von bis zu einem Drittel der zukünftigen Pension wird es mit uns nicht geben", erklärte Klubobmann Andreas Schieder. "Die Menschen müssen Vertrauen in die Maßnahmen haben und dürfen nicht durch ständige Verschlechterungsvorschläge verunsichert werden."

Rechenbeispiele

Das Büro von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) legte konkrete Rechenbeispiele nach. Wenn man die Gutschrift auf dem Pensionskonto nur mit dem Verbraucherpreisindex von zwei Prozent statt mit einer angenommenen Lohnsteigerung von drei Prozent aufwerte, führe das bei einem Berufseinsteiger nach 40 Jahren zu einer um 18 Prozent niedrigeren Pension.

Bei einer Lohnsteigerung von 3,5 Prozent, die im Langfristgutachten zu den Pensionen angenommen wird, liege der Verlust sogar bei 26 Prozent, so das Ministerium. "Für reine Pensionskürzungen ist die SPÖ nicht zu haben", erklärte ein Stöger-Sprecher.

Kluft nicht so groß

Aber sind diese Annahmen auch tatsächlich realistisch? Darüber kann man natürlich streiten. DER STANDARD hat sich jedenfalls auch angesehen, wie die Gutschriften auf den Pensionskonten bisher aufgewertet wurden. Laut Angaben der Pensionsversicherung wurden sie zwischen 2005 und 2015 im Schnitt um jährlich 2,3 Prozent aufgewertet, in einem Jahr gar nur um 0,6 Prozent. Die Pensionen sind im gleichen Zeitraum um durchschnittlich zwei Prozent gestiegen.

Der Unterschied ist also tatsächlich nicht allzu groß. Würde man diese Werte in die Zukunft fortschreiben, fielen die Verluste nicht so hoch aus wie in den Beispielen des Sozialministeriums. Jemand, der heuer zu arbeiten beginnt, hätte dann im Jahr 2030 eine um 3,29 Prozent niedrigere Gutschrift auf dem Pensionskonto. Bis 2040 würde der fiktive Verlust auf 5,43 Prozent steigen, und im Jahr 2061, also nach 45 Beitragsjahren, läge das Minus bei 9,75 Prozent, wie diese Grafik zeigt.

Das Sozialministerium verweist allerdings darauf, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise im Zeitraum 2005 bis 2015 zu niedrigen Lohnsteigerungen geführt habe, und für die Zukunft wieder höhere Steigerungsraten prognostiziert würden.

Marin skeptisch

Der Pensionsexperte Bernd Marin hält jedenfalls nichts von Verschlechterungen bei den Aufwertungsfaktoren. Die bessere Bewertung habe man seinerzeit als Ausgleich für die lebenslängliche Durchrechnung eingeführt. Dazu solle man nun stehen.

Im Schelling-Büro ruderte man auf Anfrage ohnehin bereits etwas zurück. Der Minister habe nicht eine Verschlechterung gefordert, sondern nur auf die aktuellen Unterschiede hingewiesen. Man führe vor dem Pensionsgipfel am 29. Februar keine Verhandlungen über die Medien. (Günther Oswald, 17.2.2016)