Es gibt in Kanada auf der Vancouver-Insel die Kwakiutl. Diese verstehen es zu feiern und laden dazu gerne einmal Gäste ein. Diese Veranstaltung heißt Potlatsch. Dabei beweisen die Gastgeber gegenüber ihren Gästen, dass sie es sich leisten können, Teile ihres Besitzes scheinbar sinnlos zu vernichten. Wertgegenstände werden verbrannt, Hütten werden angezündet, Boote versenkt und gelegentlich wird auch noch ein Sklave getötet. Dieses eher archaisch anmutende Impression Management dient dem Beeindrucken der Gäste. Sie sollen durch Verschwendungssucht und Großzügigkeit beeindruckt und beschämt werden (F. Boas 1895, R. Benedict 1935).

Wer es sich leisten kann, diese Botschaften zu senden, der ist im biologischen Sinn natürlich ganz besonders "fit". Und wer dem Anderen zeigt, dass er es sich leisten kann, Vermögen zu vernichten, ist natürlich ein gewaltiger Angeber oder tatsächlich so vermögend, dass der Verlust keine Rolle spielt. Wie sagte schon der Austrokanadier und Milliardär Frank Stronach: "So viel Geld kann ich gar nicht verlieren, dass ich nachher weniger habe."

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Mit Gold glänzen?
Foto: reuters

Mit Weinpreisen beeindrucken

Dem Potlatsch wird auch heute noch auf Business-Ebene gefrönt. So geben Unternehmer beim Golfen mit der Höhe der reduzierten FTEs im eigenen Unternehmen an, brüsten sich mit zusammengelegten Abteilungen und den Verkäufen von Tochterunternehmen. Nach dem letzten Loch wird der Flight noch auf ein paar Flaschen sündhaft teuren Weins eingeladen – und der Potlatsch ist schon wieder vorbei.

Auch im Halb-Privaten gibt es den Potlatsch: Wie sehr werfen sich Kollegen als ambitionierte Hobbyköche doch in die Schlacht, wenn es darum geht, die eingeladenen Gäste durch den Einsatz teuerster Ingredienzen und rarster Gewürze zu beeindrucken? Und welchen Wein servieren die Gastgeber? Das muss schon eine Flasche sein, die Eindruck hinterlässt – und von der man natürlich gleich einen 12er-Karton gut sichtbar im Zimmer stehen hat. Man könnte aber auch auf den Petrus ausweichen …?

Wir sind alle Kwakiutl

Man kann den Potlatsch auch auf Restaurant-Ebene austragen: Wenn eine Firma eine andere Firma einlädt, so muss das Restaurant in seiner Qualität natürlich die Wertschätzung für einander zum Ausdruck bringen. Man trifft einander in einem Restaurant mit einem Michelin-Stern, animiert die Gäste, doch zu den teuersten Gerichten zu greifen und bestellt gängeweise Jahrgangs-Champagner zu horrenden Summen – ganz beiläufig natürlich – man kann es sich ja leisten. Wie die Gegeneinladung wohl aussehen wird? Eventuell ein Restaurant mit zwei Michelin-Sternen?

...zumindest ein bissl ein Sprudel für die Gäste....
Foto: apa

In Wahrheit sind wir doch alle Kwakiutl: Mit Verschwendung angeben … wenn sich dann aber noch schlechtes Benehmen und fehlende Tischmanieren dazuschlagen, wird es echt bitter. (Gregor Fauma, 19.2.2016)