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Bad Aibling – Ein Fehlverhalten des Fahrdienstleiters war nach Erkenntnissen der Ermittler die Ursache für das Zugsunglück von Bad Aibling am Dienstag vergangener Woche mit elf Toten. Gegen den 39-Jährigen sei ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet worden, hieß es bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Der Frontalzusammenstoß zweier Züge am Faschingsdienstag war eines der schwersten deutschen Bahnunglücke. "Was wir momentan haben, ist ein furchtbares Einzelversagen", sagte der Traunsteiner Oberstaatsanwalt Jürgen Branz. "Hätte er sich regelgemäß, also pflichtgerecht, verhalten, wäre es nicht zum Zusammenstoß gekommen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Giese. Genauere Angaben machte er jedoch nicht.

Drei bis vier Minuten Verspätung

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Zug, der von Holzkirchen Richtung Rosenheim fuhr, drei bis vier Minuten Verspätung. Vor einer eingleisigen Strecke bekam er nach Auskunft der Ermittler ein Sondersignal aus dem Stellwerk am Bahnhof Bad Aibling, das ihm die Einfahrt in diesen Abschnitt ermöglichte. Normalerweise sorgen technische Vorrichtungen und Signale dafür, dass hier immer nur ein Zug einfährt. Da der Zug in der Gegenrichtung aber auf demselben Gleis unterwegs war, kam es zu dem Zusammenstoß, durch den elf Menschen getötet und etwa 80 verletzt wurden, viele von ihnen schwer. Unter den Toten waren auch die beiden Lokführer.

Ein Versagen der technischen Systeme hatten die Ermittler früh ausgeschlossen. Der Fahrdienstleiter hatte sich erst auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Schließlich schilderte er doch, unterstützt von zwei Verteidigern, was sich am frühen Morgen des 9. Februar ereignete, knapp zwei Stunden nachdem er seinen Dienst angetreten hatte.

Keine Hinweise auf Vorsatz

Die Ermittler halten es für unwahrscheinlich, dass der Mann den Zusammenstoß absichtlich herbeiführte. "Es gibt keine Hinweise auf irgendeine Vorsatztat", sagte der Leiter des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Robert Kopp. Der Mann sei auch nicht betrunken gewesen und nach bisherigem Wissen nicht unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss gestanden. Er hat fast 20 Jahre Berufserfahrung, seine Ausbildung schloss er 1997 ab.

In Untersuchungshaft ist der 39-Jährige nicht. "Man muss nicht davon ausgehen, dass hier ein Haftgrund vorliegt", sagte Giese. Es gehe um eine fahrlässige Tat und um einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Haft. Der Fahrdienstleiter, dem es laut Ermittlern schlecht geht, wurde in Absprache mit den Verteidigern an einen sicheren Ort gebracht. Als er seinen Fehler bemerkte, habe er einen Notruf abgesetzt. "Aber der ging ins Leere", sagte Oberstaatsanwalt Branz.

Simulationsfahrt geplant

Auch nach der Aussage des Fahrdienstleiters gehen die Ermittlungen weiter. Am Samstag ist die Simulationsfahrt von zwei Zügen auf der Strecke geplant. Der Zusammenstoß selbst soll aber nicht nachgestellt werden.

Die Wiederherstellung der stark beschädigten Bahnstrecke dauert an. Auf einer Länge von bis zu 120 Metern müssen Schienen und Schwellen teils erneuert werden. Es ist noch unklar, wann die Unglücksstrecke wieder freigegeben werden kann.

Die Meridian-Züge zwischen Holzkirchen und Rosenheim werden von der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) betrieben, einer Tochter des französischen Unternehmens Transdev. Infrastruktur wie Gleise und Signalanlagen stellt die Deutsche Bahn zur Verfügung. (APA, 16.2.2016)