Bild nicht mehr verfügbar.

Nahm sich ein paar Tage frei, um sich um die kranke Tochter zu kümmern. Das Medienecho auf Sigmar Gabriels Ankündigung war groß. Zu Recht?

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Die deutschen Medien waren voll davon. Sigmar Gabriel, SPD-Chef, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, nimmt sich eine halbe Woche frei, um seine kranke Tochter zu pflegen. Wer Kinder hat und berufstätig ist, kennt das: Krankheit bei Kindern ist oft eine logistische Herausforderung. Aber es gibt dazu kaum ein derartiges Medienecho wie in diesem Fall.

Held zwischen Ministerium und Kinderzimmer

"Spiegel Online" etwa berichtete, Gabriel nehme seine Rolle als Vater ernst. Das zeige auch, dass er schon in Babypause gegangen sei und sich einen Nachmittag pro Woche für seine Tochter reserviert habe. Für das "Handelsblatt" zeigt die Ankündigung, wie sich das Familienbild wandelt.

"Zeit Online" hingegen schreibt, Gabriels unbewusstes Signal sei nicht die Vereinbarkeit von Kind und Karriere, sondern dass sich Kinder nebenbei erledigen lassen. Nur Macht teilen wäre ein echtes Signal gewesen. Auch die "taz" zeigt die unterschiedliche Wahrnehmung auf: Während Gabriel als Held, der seine Vaterrolle lebt, gefeiert werde, stelle der Nachwuchs bei SPD-Familienministerin Manuela Schwesig ein Problem dar, da sie ja dann nicht erreichbar sei. Wer den gesellschaftlichen Wandel wirklich wolle, müsse aufhören, Väter für Selbstverständlichkeiten zu heroisieren, schlussfolgert die "taz".

Bild.de widmet den "Eltern-Helden des Alltags" eigene Agenturmeldungen zum Fernbleiben. Und auf Twitter lästert man über Gabriels medienwirksame Vaterschaft.

Rollenverständnis und Organisation

Was sagt diese Meldung über unser Rollenverständnis aus? Braucht es solche Aktionen für einen gesellschaftlichen Wandel oder sind sie eher hinderlich? Werden Männer für Selbstverständlichkeiten heldenhaft gefeiert, und ist das notwendig, um mehr Väter für eine aktive Vaterrolle zu motivieren? Wird Mutterschaft im Beruf als Hindernis angesehen, während es für Väter keinen Einfluss auf die Karriere hat? Wie organisieren Sie die Betreuung im Krankheitsfall, nachdem Sie die Pressestelle informiert haben? (haju, 17.2.2016)