"Die Migrationspolitik der EU ist gescheitert." Mit dieser Feststellung trat Ungarns Premierminister Viktor Orbán am Montag vor die Abgeordneten des ungarischen Parlaments in Budapest. Er untermauerte seine Abneigung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen mit markigen Worten: "Brüssel" wolle illegale Migranten auf das Gebiet der Union lassen und "diese dann verpflichtend auf die Mitgliedstaaten verteilen", so der Premier. Das lehne seine Regierung strikt ab.

Orbán gab bekannt, die existierenden Grenzsperren Ungarns zu verstärken. Zudem habe er die "Schaffung der Kapazitäten für neue Sperren" angeordnet. Damit dürfte ein neuer Zaun an der Grenze zu Rumänien gemeint sein.

Am Donnerstag beginnt in Brüssel der nächste EU-Gipfel, bei dem die Flüchtlingsthematik sogar das Ringen um EU-Sonderregelungen für Großbritannien und Wünsche von Premier David Cameron überschatten dürfte. Orbán traf noch am Montag mit den Regierungschefs der Visegrád-Staaten – neben Ungarn noch Polen, Tschechien und die Slowakei – zusammen, in deren Kreis er die Führung bei der Politik der Härte übernehmen will. Während etwa der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn im fernen Brüssel davor warnte, sich mit den EU-Partnern zu "desolidarisieren", zeigten sich die Visegrád-Staaten in Prag unbeugsam – und einig wie selten. In einem Papier fordern sie verstärkten Schutz der EU-Grenzen und lehnen Aufnahmequoten für Flüchtlinge ab.

Gleichzeitig bekräftigen sie die Pläne, Mazedonien bei der Errichtung von Zäunen an der Grenze zu Griechenland mit Personal und Material zu unterstützen, ebenso Bulgarien. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel warnte vor einer Abschottung der Balkan-Route für Flüchtlinge mittels solcher Grenzschließungen. Die Schengen-Grenze liege "zwischen der Türkei und Griechenland", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung".

Vier Hotspots stehen bereit

Griechenland kommt bei der Einrichtung der Registrierungszentren für ankommende Flüchtlinge voran. Vier der fünf sogenannten Hotspots seien bereit, Flüchtlinge zu registrieren, sagte Verteidigungsminister Panos Kammenos am Dienstag. "Es war eine eher schwierige Operation." Die Regierung hatte angekündigt, bis Mitte Februar alle fünf Zentren auf den griechischen Inseln Samos, Lesbos, Chios, Kos und Leros fertigzustellen.

Über Griechenland kamen seit vergangenem Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge in die Europäische Union. Das Land war wiederholt in die Kritik geraten, weil es beim Aufbau der Registrierungszentren nur schleppend vorankommt. Sobald alle Hotspots voll funktionstüchtig sind, sollen dort nach Angaben der EU-Kommission pro Tag von 11.000 Ankommenden die Fingerabdrücke registriert werden können. In Italien sollen sechs Hotspots entstehen.

"Grenzkontrollen abwegig"

Bei einer Aussprache im Europaparlament zum Europäischen Semester am Dienstag sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu den sich häufenden Grenzschließungen zwischen EU-Ländern, diese "internen Grenzkontrollen sind abwegig".

Dies bedeute nur, "dass wir uns einfach damit begnügen, wieder Provinzen zu werden". Die Frage sei, ob wir ein Kontinent sind, "oder uns in nationale Kategorien aufspalten und unterteilen". Es sei "wirklich ein schlechter Weg, den einige Mitgliedsstaaten hier einschlagen".

Die Kommission habe zuletzt Vorschläge für eine Umverteilung von bereits in der EU befindlichen Flüchtlingen gemacht, eine Kontrolle der EU-Außengrenzen gefordert und sei für eine gemeinsame Vorgangsweise alle europäischer Staaten eingetreten. "Hätten wir das getan, wären wir in einer wesentlich besseren Situation als in der anarchischen, in der wir uns heute befinden", so Juncker. (tom, APA, Reuters, 16.2.2016)