Bresnik: "Sieben mal sieben ist 49"

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Waffenscheinpflichtig: die Rückhand longline.

Fearr _

STANDARD: Dominic Thiem hält den Erfolg in Buenos Aires für seinen bisher wertvollsten. Und Sie?

Bresnik: Die Wertigkeit ist circa so hoch wie bei anderen 250er-Turnieren. Von der Inszenierung her war es besonders. Er hat viermal drei Sätze gespielt, hat zweimal Matchbälle abgewehrt, und man weiß nicht, ob man jemals einen Sieg gegen Rafael Nadal auf Sand wiederholen kann. Und zwar nicht zu Beginn eines Turniers, wo der die Bälle manchmal noch irgendwo hinschießt, sondern in einem Semifinale. Das ist wirklich nicht selbstverständlich, das ist wie mit dem Kilimandscharo. Es gibt Leute, die gehen 20-mal hinauf, und es gibt Leute, die gehen einmal rauf und müssen runtergetragen werden.

STANDARD: Was war für diesen Turniererfolg ausschlaggebend?

Bresnik: Dominic hat sich spielerisch stark verbessert. Er ist im Aufschlag, im Netzspiel, im Return besser geworden. Es ist noch viel Luft nach oben, aber die ständige Entwicklung taugt mir. Im vergangenen Jahr ist er erst im April, Mai in die Gänge gekommen. Jetzt hat er schon ein Halbfinale gegen Roger Federer gespielt und ein Turnier gewonnen.

STANDARD: Vor den Australian Open haben Sie hervorgehoben, dass Dominic Thiem vor allem körperlich Fortschritte gemacht hat, dass er etwa noch ein paar Kilo abgenommen hat. Welche Rolle spielt die gesteigerte Fitness?

Bresnik: Um so zu spielen, um Dinge machen zu können wie er, muss man die Physis verbessern. Wichtig war, dass es gelungen ist, den Physiotherapeuten ...

STANDARD: ... den Münchner Alex Stober ...

Bresnik: ... für ein Jahr zu verpflichten. Der ist einer der besten. Wir wollen für den Dominic in keinen Belangen etwas Zweitklassiges. Es gibt bestimmt andere gute Physios, aber er hat mit Frauen gearbeitet, mit Grundlinienspielern, mit Aufschlag-Volley-Typen, er hat unheimliche sportspezifische Erfahrung, er spricht Deutsch, und sie verstehen sich gut.

STANDARD: Steht Stober Dominic Thiem exklusiv zur Verfügung?

Bresnik: Ja, das ist wichtig, auch während des Trainings, nicht nur vor und nach dem Spiel. Und er hat die Klasse, dass der Dominic am Tag nach einem Fünfsatzspiel dasteht wie neu.

STANDARD: Das wird nicht billig sein. Sie werden wohl nicht verraten, was er verdient. Aber vielleicht, was Dominic Thiem eine Saison auf der ATP-Tour insgesamt kostet, an Spesen, an Gehältern?

Bresnik: Auch nicht, weil ich nicht über Zahlen rede, aber ich lache mich tot, wenn es heißt, Dominic hat jetzt mit dem Turnier 90.000 Dollar verdient. Da geht einmal ein Drittel Steuern weg. Und dann die sonstigen Spesen. Und außerdem haben seine Familie und er zehn Jahre nur investiert. Immerhin hat er in den vergangenen beiden Saisonen schwarze Zahlen geschrieben, aber die Investitionen sind damit noch nicht herinnen.

STANDARD: Liegt die in Buenos Aires gezeigte mentale Stärke auch in seiner sonstigen sportlichen Entwicklung begründet?

Bresnik: Ja, nur das Können macht den Kopf stark. Das ist, wie wenn man das kleine Einmaleins auch besoffen um vier Uhr in der Früh kann – sieben mal sieben ist 49. Aber das ist beim Dominic eine Selbstverständlichkeit, jedenfalls keine Überraschung, weil er, seit er acht Jahre alt ist, jeden Tag zwei bis sechs Stunden Tennis spielt.

STANDARD: Er spielt jetzt auf Sand in Rio de Janeiro und dann auf Hartplatz in Acapulco. Ist das genug Vorbereitung für den Daviscup auf Hartplatz in Portugal?

Bresnik: Fix ist sein Antreten im Daviscup erst eine Woche davor, wenn er auf dem Zettel steht.

STANDARD: Bisher galt es als fix, dass Dominic Thiem im Daviscup spielt. Was hat sich geändert?

Bresnik: Eben nichts hat sich daran geändert, dass Leute am Werk sind, die eine Woche professionell arbeiten und 51 Wochen eher wie Amateure. Präsident Robert Groß will das Richtige, aber es hat sich bis dato nichts geändert, zum Beispiel in der Nachwuchsarbeit.

STANDARD: Aber ohne Daviscup gibt es auch kein Antreten bei den Olympischen Spielen in Rio?

Bresnik: Olympia ist eh kein Thema. Es gibt keine Weltranglistenpunkte, es ist so etwas wie eine Exhibition. Olympia ist für Leichtathleten, für Schwimmer, die sollen dort die Aufmerksamkeit haben. Wissen Sie zum Beispiel noch, wer 2012 bei den Herren im Fußball Olympiasieger war?

STANDARD: Argentinien, Spanien?*

Bresnik: Eben, aber wer zuletzt Weltmeister war, wissen Sie.

STANDARD: Ja, Deutschland, aber das ist noch nicht so lange her.

Bresnik: Jedenfalls werde ich mich nicht erpressen lassen. Das geht schon lange nicht mehr mit "Wenn du das nicht machst, gibt es das nicht" . Und wenn man Dominic mit dem Vorwurf sekkiert, dass er nicht für sein Land spielen will, hielte ich das für besonders lächerlich. Es gibt wenige Sportler, die so sehr Österreicher sind wie Dominic Thiem. (Sigi Lützow, 16.2.2016)

* Olympiasieger 2012 wurde Mexiko.