Wolfsburg/Berlin – Als Konsequenz aus der Affäre um manipulierte Abgaswerte bei VW will der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) einem Medienbericht zufolge verschärfte Kontrollen bei allen Automobilherstellern einführen. "Es wird Kontrollen für Kraftfahrzeuge im Stile von Dopingtests geben. Unangemeldet, jedes Jahr", sagte Dobrindt der "Bild am Sonntag".

"Nach dem Zufallsprinzip werden Fahrzeuge beispielsweise über Autovermietungen ausgewählt und deren Schadstoffausstoß getestet", so der Politiker. Sein Ministerium wolle sicherstellen, dass solche Manipulationen nicht wieder passieren und werde das Kontrollsystem weiterentwickeln: "Wir bauen eigene staatliche Prüfstände beim Kraftfahrt-Bundesamt auf", sagte der CSU-Mann. "Diese zusätzlichen Prüfungen sollen helfen, durch den VW-Skandal verspieltes Vertrauen in die Autoindustrie wiederherzustellen." Neben den Schadstoff-"Antidopingtests" seien überdies eine Rotation der Prüfdienste und die Offenlegung der Motorsoftware geplant.

Regelkonforme Autos genügen nicht

Damit Volkswagen das weltweit verlorene Vertrauen zurückgewinnen könne, müssten "die Verantwortlichen klar benannt und zur Rechenschaft gezogen werden", mahnte Dobrindt. Er erwarte, dass VW "vollumfänglich über die Abläufe, die zu der Manipulation geführt haben, Auskunft gibt". Es reiche für VW nicht aus, wieder regelkonforme Autos auszuliefern.

Am Sonntag berichtete indes "Bild am Sonntag", dass der zurückgetretene Vorstandschef Martin Winterkorn schon im Frühling 2014 von einer drohenden Suche der US-Behörden nach einer Betrugssoftware erfahren haben sollen. Die Zeitung beruft sich auf interne Dokumente, die dem Blatt vorlägen. Aus den zitierten Passagen geht allerdings keine direkte Kenntnis Winterkorns von illegalen Manipulationen hervor.

Dem Zeitungsbericht zufolge soll Winterkorn fast eineinhalb Jahre vor dem Auffliegen der Affäre von einem Vertrauten einen Brief bekommen haben, in dem es heiße: "Es ist zu vermuten, dass die US-Behörden die VW-Systeme daraufhin untersuchen werden, ob Volkswagen eine Testerkennung in die Motorsteuergeräte-Software implementiert hat (sogenanntes Defeat Device)."

Ein Volkswagen-Sprecher sagte dazu am Wochenende der Deutschen Presse-Agentur: "Wir kommentieren den gesamten Vorgang nicht." Er verwies auf laufende Untersuchungen. VW hat die US-Anwaltskanzlei Jones Day mit internen Ermittlungen beauftragt. Ergebnisse sollen im April bekanntgegeben werden. Winterkorn war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. "Auf BamS-Anfrage wollte sich der Ex-Firmenpatriarch wegen der laufenden Ermittlungen in der Affäre nicht äußern", schreibt die Zeitung.

Winterkorn war wegen der Abgas-Affäre am 23. September 2015 zurückgetreten. Er übernahm damit die Verantwortung für die Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren, obwohl er nach eigenem Bekunden und auch nach Aussage des Aufsichtsratspräsidiums keine Kenntnis von den illegalen Manipulationen hatte. "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin", hatte Winterkorn erklärt. "Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren."

Die US-Umweltbehörde hatte fünf Tage zuvor mitgeteilt, dass VW mithilfe einer Software Stickoxid-Messwerte (NOx) von Dieselautos bei Tests auf Prüfständen manipuliert hat, um die Vorgaben der Behörden zu erfüllen. VW gab die Aktion zu, der Aktienkurs brach ein. Manipuliert wurde bei Dieselmotoren in weltweit bis zu 11 Millionen Autos verschiedener Konzernmarken. (APA, AFP, dpa, 14.2.2016)