Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (l) und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier machten Druck auf Russland.

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Es gab keinen Mangel an starken Worten auf der Sicherheitskonferenz in München. Und die meisten Statements am Samstag drehten sich um den zentralen Akteur in so vielen Krisen in und um Europa: Russland. Moskau musste sich dabei entweder als eine Art politischer Problembär darstellen lassen, der marodierend durch die aktuelle Weltpolitik streife, oder es stellte sich selber als ein Opfer ignoranter westlicher Machtpolitik dar.

Den Anfang machte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: "Russland destabilisiert Europas Sicherheitsordnung", erklärte er. Und: "Die Nato will keinen Konflikt und keinen neuen Kalten Krieg. Wie vorgehen?" Aufrüsten, um Krieg zu verhindern: Abschreckung – auch nukleare – sei ein zentraler Begriff für die Nato, um die heutigen Bedrohungen vorzugehen. Entsprechende Beschlüsse über eine Truppenaufstockung in Osteuropa wurden bereits gefasst. Eine Karte der Bedrohungssituation an der Einflusssphäre zwischen Russland und dem Westen hat die Universität Sankt Gallen unlängst publiziert.

Der deutsche Außenminister und derzeitige Vorsitzende der OSZE, Frank-Walter Steinmeier, machte Druck, was Fortschritte in der Ukraine anlangt. Man müsse mit der Umsetzung von Minsk II endlich weiterkommen. Bei Beratungen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow wurde in München vereinbart, dass es bis Anfang März endlich konkrete Vorschläge zur Abhaltung von Regionalwahlen im Donbass geben solle. Und im Übrigen gelte angesichts der multiplen Krisen: "Die Fliehkräfte in Europa sind so groß, dass wir ein Signal senden sollten, damit wir in einem Jahr noch diese EU vorfinden, die wir heute haben. Dann wäre schon viel gewonnen."

Russlands Premierminister Dmitri Medwedew konterte so: "Warum stilisiert man uns zur absoluten Bedrohung? Warum sind alle Kommunikationskanäle abgerissen? Ist das in unser beider Interesse? Nein. Bedrohung des Terrorismus ist real. Unsere Zusammenarbeit dagegen ist komplett eingestellt, das ist einfach lächerlich." Man sei "heruntergerollt zu den Zeiten eines neuen Kalten Krieges". Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland seien verdorben, die wegen der Ukraine-Krise verhängten Wirtschaftssanktionen gegen sein Land nicht wirksam.

In der Tat waren die Verhandlungen über eine mögliche Wiederbelebung des wichtigsten Forums für Gespräche zwischen der Nato und Russland am Freitag gescheitert. Stoltenberg konnte nach Diskussionen mit Lawrow keine Einigung über ein neues Treffen des Nato-Russland-Rats verkünden.

Was Syrien anbelangt erklärte Medwedew: "Die Welt kann sich kein weiteres Libyen, Jemen und Afghanistan leisten." Ein Zerfall entlang konfessioneller Grenzen wäre eine Katastrophe für die ganze Nahostregion. Medwedew kritisierte zudem die Ankündigung Saudi-Arabiens, auch zu einer Entsendung von Bodentruppen in Syrien bereit zu sein. Niemand solle mit Bodentruppen drohen. Die Vereinbarung der internationalen Kontaktgruppe in München bringe Hoffnung auf eine politische Lösung, sagte der russische Regierungschef. Regelmäßige Kontakte zwischen Russland und den USA sei notwendig für eine Lösung für Syrien – selbstredend mit Präsident Bashar al-Assad.

Über die Chancen der Waffenruhe für Syrien gab es ebenfalls unterschiedliche Aufassungen: Steinmeier taxierte die Erfolgschancen der Freitagfrüh getroffenen Vereinbarung auf 51 Prozent. Der russische Außenminister Sergej Lawrow behauptete, dass diese dazu missbraucht werde, um russische Luftangriffe zu stoppen. Und dessen britischer Amtskollege Philipp Hammond schätzte die Erfolgschancen nüchtern auf "null" ein.

Der ukrainische Präsident Petro Poroshenko bezichtigte den russischen Präsidenten Vladimir Putin in einer emotionalen Rede der Aggression in der Ukraine, in Syrien und weltweit. Es gehe um liberale europäische Werte, die Putin mit Füßen treten und um die es zu kämpfen gelte.

US-Außenminister John Kerry forderte schließlich Russland auf, die Bombardements auf nicht-islamistische Aufständische in Syrien einzustellen. Er blieb dann aber doch nicht so pessimistisch zur Weltlage: "Die Weltlage ist nicht so hoffnungslos, wie sie manchen erscheint. Wir wissen, was zu tun ist und wir haben die Macht, dies auch zu tun." Dann zitierte er Präsident John F. Kennedy: "'Wir sollten unseren Blick von den Gefahren von heute auf die Hoffnungen von morgen lenken.' Wenn wir daran denken, dann werden wir es schaffen."

(Christoph Prantner aus München, 13.2.2016)