Was ewig – endlos lange Zeit – währt.

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Die Germanen hatten kein schriftlich kodifiziertes Recht. Es gab nur ein mündlich überliefertes, göttliches Recht, eine Ordnung, die ewig währt. Dementsprechend bedeuten gotisch aiws, altenglisch ǣw, althochdeutsch ēwa/ēa, mittelhochdeutsch ê/êwe "ewige Ordnung, Gewohnheitsrecht, Gesetz, endlos lange Zeit" (siehe neuhochdeutsch Ewigkeit), aber bereits im Mittelhochdeutschen bezeichnet ê auch den nach göttlichem und menschlichem Recht geschlossenen Bund der Ehe, den Ehevertrag.

Und ehe man es sich versieht, findet man das Wörtchen als temporale Konjunktion (Bindewort) wieder, und die Ehe ist in einer echten Krise.

Das Adjektiv echt geht auf ê-haft "gesetzmäßig, rechtsgültig, unverfälscht" zurück. Es wandert ins Mitteldeutsche und erobert in echter Verkleidung die deutsche Standardsprache und den Jugendjargon, echt cool. -ft wird im Mittelfränkischen1 zu -cht.

Für lateinisch lex "Vertrag, Gebot, Bestimmung" taucht althochdeutsch wizzōd/wizzud auf, was so viel bedeutet wie "Gesetz, Wissen der Heiligen Schrift", für mittelhochdeutsch wiȝȝōt finden sich auch die Bedeutungen "Sakrament und Heiliges Abendmahl". Dem Wortsinn nach bedeutet wizz-ōd "Schatz des Wissens" (siehe -ōd in Kleinod). Heutzutage wird wizzōd in allerlei Publikationen unter anderem auch mit der geheimen Botschaft der Runen (althochdeutsch rūnēn "flüstern" zu gotisch rūna "Geheimnis, Beschluss") in Verbindung gebracht.

Legal und illegal lebt lateinisch lex in vielen Sprachen munter fort, vermehrt sich und hat Kind und Kegel (legitime, ehelich gezeugte, und illegitime, außerehelich gezeugte Sprösslinge), erfreut sich an Delegationen mehr oder weniger privilegierter Kollegen ...

Neuenglisch law geht auf altenglisch lagu zurück und bedeutet wörtlich "das, was festgelegt wird", "something laid down, something fixed". Eine ähnliche Vorstellung liegt dem Nomen Gesetz zugrunde. Mittelhochdeutsch gesetze hat sich gegenüber ê/êwe als Wort des Rechtswesens durchgesetzt.

Übrigens, die Vorstellung, dass man sich zusammensetzt, um eine Streitsache2 zu besprechen und Regeln festzusetzen beziehungsweise festzulegen, ist in althochdeutsch kōsa "Streitpunkt, Gespräch" (lateinisch causa) und kōsōn "reden, sprechen" noch zu erahnen, aber bereits ziemlich verblasst in mittelhochdeutsch kȏsen "schwätzen, lieblich plaudern". Neuhochdeutsch liebkosen ist schweigsam und zärtlich in die taktile Sphäre abgewandert und hält so manche (eheliche) Beziehung lebendig. (Sonja Winkler, 15.2.2016)