Der Experte macht sich "keine Sorgen" um den Standort Goldenes Quartier in der Wiener Innenstadt.

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Das große Geschäft mit reichen Russen am Wiener Luxusmarkt scheint vorerst vorbei: Im Goldenen Quartier, Prestigeprojekt von René Benkos Signa Holding mit 11.000 Quadratmeter vermietbarer Fläche, sperrt laut einem Bericht der Wiener Zeitung das erste Geschäft Ende Februar zu. Auch die anderen 24 Nobel-Shopmieter klagen über fehlende Kundschaft. Der Grund dafür sei die Russlandkrise, ist man sich einig.

Wenig beunruhigt vom Auszug eines Mieters ist hingegen Hannes Lindner vom Beratungsunternehmen Standort+Markt: "Um den Standort mache ich mir keine Sorgen", sagt er. Wie bei Einkaufszentren sei es auch bei solchen "Town Centers" nämlich "absolut normal", dass ein Betriebskonzept eben nicht aufgeht – besonders in einer Prime Lage in der Wiener Innenstadt.

"Und die Wahrscheinlichkeit wird ja hoch sein, dass sich da rasch ein Nachmieter findet", so Lindner. Eventuell habe man sich im Mix vergriffen – einer der Vorteile des Goldenen Quartiers sei aber, dass es aus einer Hand gemanagt wird und so wesentlich leichter gesteuert werden könne. Richtig sei aber, dass der Handel im ersten Bezirk stark von Touristen abhängig ist.

Plus bei Briten

Der Blick auf die Zahlen gibt den unzufriedenen Händlern auf den ersten Blick recht: Bei den Ankünften und Nächtigungen von Russen in Wien gab es 2015 ein Minus von knapp 32 Prozent. Das stärkste Plus wurde dafür bei Gästen aus Großbritannien, Spanien und den USA verzeichnet.

Thema ist die Krise naturgemäß auch am Luxussegment des Wohnimmobilienmarktes. Am Donnerstag wurde darüber auch beim Immobilienforum in Wien diskutiert: Was Russen, Kasachen, Aerbaidschanern und Weißrussen laut Helmut Seitz von Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte wichtig ist: Sicherheit. Einerseits am Immobilienmarkt, andererseits im persönlichen Umfeld. Das fange beispielsweise schon damit an, dass man in Österreich das Leitungswasser trinken kann.

Flüchtlingsthematik als Thema

Momentan werde von potenziellen Käufern auch oft die Flüchtlingsthematik angesprochen: "Die Leute sehen im Fernsehen die Bilder und denken, die Flüchtlinge laufen den Wienern die Türen ein." Auch das Zugehörigkeitsgefühl zwischen den einzelnen Ländern habe sich durch die Russlandkrise verändert: "Die Käufer sind auch daran interessiert, wie man in Österreich zu dem Konflikt steht. Das muss man sich gut überlegen", so Seitz.

Problematisch ist für den Rechtsanwalt aber, dass die Flugverbindungen nach Moskau reduziert wurden. Österreich bleibe dennoch ein wichtiger Markt für Osteuropäer, Investitionen aus Russland seien seit Beginn der Krise sogar gestiegen: Besonders Geschäftsleute und "Leute mit staatlichem Hintergrund" seien hierzulande unterwegs, viele wollen ein Zuhause für Frau und Kinder kaufen. Manche überlegen, ihre Wohnung zu vermieten, andere wollen die Immobilie einfach nur besitzen.

Wichtig sei in jedem Fall, dass die Wohnungen bereits möbliert sind: "Die Musterwohnungen sind immer die ersten, die weg sind", so Seitz.

Wohnen im Goldenen Quartier

Die interessantesten Bezirke für Russen sind – wenig überraschend – der 18. und der erste. Im Goldenen Quartier gibt es auch 14 Luxuswohnungen, die zwischen 70 und 700 Quadratmeter groß sind. Zwei sind derzeit noch zu haben. (zof, 12.2.2016)