Wie es im Südbahnhotel am Semmering ausgesehen hat, als hier noch Sommerfrischler ein und aus gingen, ...

Foto: Cremer

... kann man sich auch heute noch vorstellen.

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Der rote Teppich, der von der Eingangstür zur Rezeption führt, erinnert noch ein wenig an die Vergangenheit des Südbahnhotels am Semmering. In der Eingangshalle, wo sich früher die Sommerfrischler anmeldeten, stehen heute Parkbänke. Auf der Rezeption stapelt sich Werkzeug. Die Schlüsselfächer an der Wand sind leer, die Uhr über der Eingangstür ist irgendwann um Punkt sechs Uhr stehengeblieben. Vielleicht in den 1970ern, als die letzten Gäste das legendäre Hotel verließen.

Wenn es nach Edgar Bauer von EB Hotel Tourismus Consulting & Management geht, soll sich all das bald ändern. Er wurde vor kurzem mit dem Verkauf des Südbahnhotels beauftragt, das zu Glanzzeiten über 350 Zimmer verfügte. Der Verhandlungspreis für das nicht denkmalgeschützte Objekt liegt bei acht Millionen Euro.

Unterschiedliche Möglichkeiten

Interessenten aus Asien, dem arabischen Raum, den USA und Österreich hätten das Objekt bereits besichtigt, so Bauer – und unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten angedacht: Von der Luxusresidenz für Senioren bis hin zum Palasthotel oder einem Gesundheits- oder Kulturzentrum sei alles möglich. "Hier könnte etwas entstehen, was es so in Europa noch nicht gibt", sagt Bauer.

Er geht davon aus, dass noch heuer verkauft wird. In zwei bis drei Jahren könnte das neu genutzte Gebäude dann wohl wieder aufsperren. Die Zeichen stehen gut: Bis vor kurzem waren auch das Kurhaus und das Silbererschlössl, beide in Blickweite von den zahlreichen Terrassen des Südbahnhotels, am Markt. Beide wurden mittlerweile verkauft.

Klinikpläne in den 1990ern

Das Südbahnhotel jedoch hat andere Dimensionen: Insgesamt stehen 10.500 m² Nutzfläche und mehr als 33.000 m² Eigengrund zur Verfügung. Genug Platz also für ein eigenes Resort inklusive Restaurants und Shops, so Bauer. Bürgermeister Horst Schröttner (ÖVP) wünscht sich für das Südbahnhotel lediglich, "dass etwas gemacht wird".

Die Hoffnung hatte man schon in den 1990ern, als ein Deutscher aus dem Hotel eine Klinik machen wollte. Bis 1998 wurden das charakteristische grüne Dach und die Haustechnik erneuert, die Vorarbeiten für zwei Bettenlifte geleistet und mit den Umbauarbeiten an einem Trakt begonnen. Dann kam es zum Baustopp. Später wurde das Hotel einige Jahre lang von den Festspielen Reichenau bespielt.

Warum es so lange gedauert hat, bis das Südbahnhotel auf den Markt kam? "Es war ein Liebkind des Besitzers, er war von Anfang an fasziniert davon", sagt Bauer. Nicht nur er: Günter Krausner, seit den 1990ern als Haustechniker angestellt, hält ungebetene Gäste fern. Immer wieder würden Interessierte versuchen, durch die Fenster einen Blick ins Innere des Palasthotels zu erhaschen.

Nur noch hundert Zimmer übrig

Auf die Luster und das Original-Mobiliar etwa. Oder das Hallenbad im Untergeschoß, das in den 1920ern von Emil Hoppe und Otto Schönthal errichtet wurde. Auf gleicher Ebene befindet sich ein Kino, das heute mit alten Möbeln vollgestellt ist. Bauer hofft auf eine Revitalisierung des Kinos und auf ein kleines Museum zur Geschichte des Hauses, egal wie dieses künftig genutzt wird.

Insgesamt sei wohl eine Investition von 50 bis 60 Millionen Euro für Kauf, Sanierung und Zubau eines weiteren Traktes nötig. Denn nach einem Abverkauf von Teilen des Hotels als Eigentumswohnungen in den 1970ern sind nur noch rund hundert Zimmer übrig – nicht genug für Investoren, die ein wirtschaftlich funktionierendes Hotel wollen.

Im Zimmer 308 sieht es noch fast so aus wie früher: Ein wenig verloren steht hier ein Holzdoppelbett, daneben zwei Nachtkästchen mit aufgelegter Marmorplatte, eine Chaiselongue mit leicht zerschlissenem Überzug. Das Bad teilte man sich einst mit dem benachbarten Zimmer, die Badewanne aus Email ist noch da. Die Privatsphäre der Gäste wurde durch ein kompliziertes Versperrsystem an den Badezimmertüren gewährleistet. Vom Balkon aus zeigt Bauer, wo ein L-förmiger Zubau möglich wäre, wo eine Tiefgarage gebaut werden könnte. Er würde für künftige Eigentümer gerne als Projektleiter tätig sein.

Comeback des Semmering

Die Chancen stehen laut dem Unternehmensberater jedenfalls gut für ein Comeback des heute etwas verschlafen wirkenden Semmering. Naherholungsgebiete seien aufgrund "politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen" wieder gefragter – und in Wintersportorten finde allgemein ein Umdenken hin zur Ganzjahresdestination statt. Der Semmering bringe dafür die besten Voraussetzungen mit.

Das Südbahnhotel sei nicht tot, das Gebäude keineswegs morbide – das ist Bauer wichtig zu betonen: "Es schläft nur." (Franziska Zoidl, 11.2.2016)