Vom Denkmal aus, das an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnern soll, wurde am 21. November 2015 unter anderem zur "Bewaffnung gegen Terroristen" aufgerufen.

foto: heribert corn

Wien – Als am 21. November 2015 am Wiener Ballhausplatz rund 300 Rechte eine Kundgebung "gegen Asylmissbrauch" abhielten – was unter anderem auch 350 Gegendemonstranten auf den Plan rief –, war die Aufregung groß, vor allem in den sozialen Medien. Denn das Rednerpult für die von der Nationalen Partei Österreichs (NPÖ) angemeldete Kundgebung stand just auf dem dort befindlichen Deserteursdenkmal, das an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnert.

Von dort, dem obersten Punkt des vom Künstler Olaf Nicolai entworfenen, mehrstufig angelegten Denkmals forderte ein Redner, Europa zur "einer Festung" gegen Flüchtlinge auszugestalten. Ein anderer riet den anwesenden "Patrioten" gar zur Bewaffnung: "Legt euch Waffen zu! Seid gewappnet gegen Terroristen! Schmeißt die Politiker aus ihren Ämtern": Äußerungen, die laut dem Politikwissenschafter Werner Manoschek an diesem Ort inakzeptabel seien, weil sie mit dessen "Instrumentalisierung" einhergingen.

Vom Verfassungsschutz in Kauf genommen

Das jedoch war vom Wiener Landesamt für Verfassungsschutz offenen Auges in Kauf genommen worden. Das ergibt sich aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des grünen Justizsprechers Albert Steinhauser an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die dem STANDARD vorliegt (links als Download).

Auf Steinhausers Frage, ob "die Polizei im Vorfeld davon wusste, dass das Rednerpult auf dem Denkmal für die Opfer der NS-Militärdiktatur platziert werden sollte", antwortete die Innenministerin schlicht mit "Ja". Ebenso bejahte sie die Frage, ob "im Vorfeld der Kundgebung eine Vorbesprechung zwischen Polizei und Veranstaltern abgehalten" worden sei und ob in deren Rahmen "die Platzierung des Rednerpults erörtert" wurde.

"Begehbares Monument"

"Nein" hingegen lautet die Antwort Mikl-Leitners auf die Frage, ob die Polizei "im Vorfeld informell versucht habe, auf einen anderen Standort des Rednerpults hinzuwirken", um – unter anderem – eine "Provokation" zu vermeiden. Begründung: Das Denkmal sei vom Künstler "als begehbares beziehungsweise zu erkletterndes Monument konzipiert worden". Auch sei nicht davon auszugehen gewesen, dass "die Kundgebung durch die Wahl des Standorts Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die öffentliche Sicherheit gefährden" werde.

Eigens gefragt hatte Steinhauser außerdem, ob man geprüft habe, inwieweit "die Einbeziehung des Denkmals in eine rechtsextreme Kundgebung eine Anstandsverletzung im Sinne des Wiener Landessicherheitsgesetzes" darstellen könne. Antwort darauf: "Ja". Dass eine solche Anstandsverletzung von der Polizei im Voraus dann ausgeschlossen wurde, ist Steinhauser im Gespräch mit dem STANDARD "unverständlich". Der politische Kontext des Denkmals sei "in diese Erwägungen nicht einbezogen worden" – laut dem Grünen ein Fehler. (Irene Brickner, 10.2.2016)