Harvard/Wien – Die Diskussion über Beschränkungen von Bargeld nimmt Fahrt auf. In Deutschland hat die SPD den Vorstoß von Finanzminister Wolfgang Schäuble unterstützt, eine Bargeldobergrenze von 5000 Euro einzuführen. Zudem sprach sich der stellvertretende SPD-Fraktionschef, Carsten Schneider, in der Saarbrücker Zeitung für die Abschaffung der 500er-Scheine aus. "Das ist das Zahlungsmittel bei Schwarzgeld im großen Stil", lautete sein Argument.
Allerdings formieren sich auch immer mehr Kritiker der diskutierten Beschränkungen. Mit verfassungsrechtlichen Bedenken zu Wort gemeldet hat sich beispielsweise der frühere Präsident des deutschen Verfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung brachte er die Prinzipien Vertragsfreiheit und Privatautonomie ins Spiel, die durch Bargeldrestriktionen verletzt würden. Zudem verwies er auf die Judikatur, wonach "die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf".
Unverhältnismäßiger Eingriff
In Österreich zeigt sich Robert Kert überrascht von der Intensität der Debatte. Für den Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien ist es zwar offensichtlich, dass bei Schwarzgeldzahlungen meist Bares im Spiel ist; doch eine Beschränkung sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die persönlichen Freiheiten. Auch bei der Bekämpfung von Geldwäsche könne man nicht wahllos Maßnahmen setzen. "Das wäre wie ein Verbot von Autos, um Unfälle zu verhindern", sagt der Institutsvorstand im Gespräch mit dem Standard. Zudem gibt er zu bedenken, dass illegales Geld immer seinen Weg finde. Virtuelle Währungen beispielsweise seien geradezu "ideal", um Spuren zu verwischen. Eher vorstellbar ist für Kert eine Abschaffung von 500er-Scheinen. Durch die dann größere Menge an Banknoten, die bei kleineren Noten notwendig wird, könnten illegale Transaktionen erschwert werden.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine neue Studie der Harvard University. Forscher Peter Sands kommt darin zu dem Schluss, dass Banknoten mit hohen Werten verboten werden sollten. Konkret nennt er neben dem 500er den 100-Dollar-, 1000-Franken- und den 50-Pfund-Schein. Diese Noten seien das präferierte Zahlungsinstrument für illegale Transaktionen. Die weltweiten kriminellen Geldflüsse schätzt er auf zwei Billionen Dollar im Jahr, dazu käme eine weitere Billion an Korruptionszahlungen. Trotz des großen Aufwands zur Bekämpfung illegaler Machenschaften würden weniger als ein Prozent der schmutzigen Überweisungen aufgedeckt.
Teurere illegale Transfers
Der Harvard-Wissenschafter bringt ein weiteres Argument für die Abschaffung der großen Scheine: Während deren Bedeutung für die Unterwelt beachtlich sei, tendiere sie für die legale Wirtschaft gegen null, da größere Transaktionen weltweit elektronisch durchgeführt würden. Bei einem Verschwinden von 500er und Co würden illegale Transfers teurer und riskanter, meint Sands und verweist dabei auf die größeren und schwereren Transportmittel.
Ein Beispiel soll seine These veranschaulichen: Die Übergabe einer Summe im Wert von einer Million Dollar in 500-Euro-Noten würde nur ein Fünftel einer Aktentasche füllen, das Gewicht beliefe sich auf 2,2 Kilogramm. Bei Verwendung von 50-Euro-Scheinen wären schon 1,6 Aktentaschen notwendig. Somit sei es kein Wunder, dass die 500er in der Unterwelt als "Bin Laden" bekannt seien. (as, 10.2.2016)