Mitte Dezember wurde das Hypo-Logo vom Dach der Bankzentrale in Klagenfurt abmontiert.

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Wien – Der parlamentarische Hypo-U-Ausschuss hat in den (Wiener) Semesterferien pausiert, nun geht er weiter. Am Mittwochvormittag kommt einer, der jahrelang sehr nah dran war an der Hypo Alpe Adria: Grawe-Chef Othmar Ederer. Die Grawe war bis zur Verstaatlichung an der Bank beteiligt, Ederer saß, als Vizevorsitzender, im Aufsichtsrat. In dieser Rolle erfuhr er etwa früher als andere Kontrollore von den Swapverlusten (flogen 2006 auf) – ein Verfahren gegen ihn wurde 2010 eingestellt.

Die Sonderdividende (50 Millionen Euro) aus dem Verkauf der Hypo-Consultants, die unter anderen an die Grawe ging, brachten den Chef des Grazer Versicherungskonzerns selbst auf eine Beschuldigtenliste. Denn: Die Justiz bezweifelt, dass es überhaupt einen Gewinn gegeben hat. Das Verfahren läuft noch, und für Ederer gilt die Unschuldsvermutung. Die Grawe hat die 20 Millionen Euro nach einem Vergleich zurückgezahlt.

Bei der Verstaatlichung 2009 schoss Minderheitsaktionär Grawe (20 Prozent) gerade einmal 30 Millionen Euro ein. Mehr könne sie nicht stemmen, ohne nicht selbst in Troubles zu kommen, hieß es im Unternehmen. Aus der Aufsicht war anderes zu hören: Der Versicherer hätte sich 200 Millionen Euro schon leisten können.

Zahlenkenner im Ausschuss

Die Neos gehen davon aus, dass die Weigerung der Grawe im Herbst 2009, weiteres Kapital zuzuschießen (die Bayern waren bereit, eine Milliarde zu zahlen), einer der Gründe für die Verstaatlichung war. Wie Ederer das sieht, wird man wohl bei seiner Befragung im Ausschuss hören.

Am Nachmittag ist dann Stephan Holzer als Auskunftsperson dran; er kennt das Zahlenwerk der Hypo, ihre Bilanzen, wie seine Westentasche. Er arbeitet seit 2005 für die (Ex-)Bank, war Chef des Group Accounting, also der Abteilung für die Rechnungslegung. Zudem saß er in diversen Aufsichtsräten, etwa in jenem der Hypo Italien, die sehr viel Geld gekostet hat und noch kostet (die Bank gibt es ja noch). Heute ist Holzer in der Heta tätig.

Stichwort Zahlenwerk: Selbiges haben, vor der Irrtumsanfechtung zum Hypo-Erwerb durch die Republik, zwei Gutachter (Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner und die Linzer Kanzlei AKKT) durchleuchtet. Sie kamen auf einen Wertberichtigungsbedarf von rund drei Milliarden Euro. Die KPMG errechnete danach, dass es (hätte man den Abschreibungsbedarf berücksichtigt) "2008 bis 2009 massive Eigenmittelunterschreitungen in der Höhe der gesamten erforderlichen Eigenmittel" gegeben hätte. Das konstatierte die FMA zu Weihnachten 2014 – und erstattete Anzeige wegen Verdachts auf Fälschung der Bilanz 2009. Das Verfahren wurde eingestellt, wegen Verjährung.

Keine objektiven Hinweise auf Fehler

Warum die Bilanzen 2010 bis 2013 nicht angezeigt wurden? Für 2010 lagen der FMA laut Sachverhaltsdarstellung "keine Daten" vor; und für 2011 bis 2013 hätten die beiden Gutachten "keine objektiven Hinweise ergeben, dass dieselben Fehler enthalten" seien.

In der Hypo sorgten die zwei Gutachten für wenig Freude; vor allem das Kleiners, der hohe Wertberichtigungssummen errechnet hatte. Vorstandsmitglied Wolfgang Edelmüller konstatierte im Aufsichtsrat Ende 2013 "Schwächen" in der AKKT-Expertise, und das Kleiner-Gutachten sei "nicht nachvollziehbar". Das habe die Analyse der Kleiner-Expertise (also das Gutachten zum Gutachten) durch TPA Horwath und WU-Professor Stefan Bogner ergeben. Edelmüller hielt die Beauftragung Kleiners für "völlig unnötig". Wie sich aus dem Aufsichtsratsprotokoll erschließt, erwog man "rechtliche Schritte" gegen Kleiner.

Stoff für nächstes Gutachten

Und gleich war wieder Stoff fürs nächste Gutachten geschaffen. Edelmüller kündigte ein "faktenbezogenes Gutachten" an, "in dem sich die Bank auf Mängel bezieht". Es kam aber offenbar anders: Die Hypo zahlte Kleiner 300.000 Euro.

Und: Die Republik bekam beide Expertisen zur Untermauerung ihrer Irrtumsanfechtungsklage. (Renate Graber, 10.2.2016)