Graz/Wien – Die Einstellung eines Verfahrens gegen die FPÖ-nahe Monatszeitschrift "Aula" wegen eines Artikels, in dem befreite Häftlinge des KZ Mauthausen als "Landplage" und "Massenmörder" bezeichnet wurden, sorgt weiter für Aufregung. Umstritten ist dabei weniger die Einstellung an sich, die nicht mehr revidierbar ist, sondern die Begründung, die eine Grazer Staatsanwältin dazu verfasst hat.

Während Formulierungen wie jene, dass es "nachvollziehbar" sei, dass die Befreiten eine "Belästigung" für die Bevölkerung gewesen seien und auch "unbestritten Rechtsbrecher" unter KZ-Häftlingen waren etwa vom Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium, Christian Pilnacek, "unfassbar" seien, macht die Staatsanwaltschaft Graz der Staatsanwältin schweigend die Mauer.

81-jähriger Rechtsschutzbeauftragter

In der Kritik steht dafür der 1934 geborene Rechtsschutzbeauftragte der Justiz, Gottfried Strasser, der die Begründung geprüft und gutgeheißen hatte. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim stellte am Dienstag öffentlich infrage, "ob Gottfried Strasser die geeignete Person für den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz darstellt". Strasser, der in der Funktion erst Ende 2015 um drei Jahre verlängert wurde, hatte mit seiner Kindheit in der Nähe des KZ Mauthausen und mit Erlebnissen seiner Großeltern für die Begründung der jungen Kollegin argumentiert.

Anders der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Graz, Reinhard Kloibhofer, der sein Befremden über die Begründung schon im Dezember der Staatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt hatte. An ihn richtete der grüne Nationalratsabgeordnete Harald Walser, der die Anzeige gegen den "Aula"-Artikel erstattet hatte, am Dienstag ein Schreiben.

Walser schreibt an Oberstaatsanwalt

Ungewöhnliches Detail am Rande: Walser wurde gar nicht persönlich von der Einstellung des von ihm angestrebten Verfahrens unterrichtet, die schon Ende Dezember erfolgte, sondern erfuhr auf Umwegen davon. Der angezeigte "Aula"-Autor Fred Duswald hatte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft anderen weitergeleitet, bis sie schlussendlich bei Walser landete.

Walser bittet Oberstaatsanwalt Kloibhofer nun um die "Veröffentlichung einer Erklärung Ihres Befremdens über die Einstellungsbegründung". Der Parlamentarier überlegt auch eine neuerliche Anzeige. Er fürchtet, dass das Schreiben der Grazer Staatsanwältin "rechtsextreme Aktivitäten und eine in Richtung Revisionismus gehende Geschichtsdarstellung rechtfertigen" könnte.

"Natürlich ein Schaden"

Seitens des Justizministerium kündigte Pilnacek am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD an, dass man das System der "Fachaufsicht" intern überprüfen werde. Dass die Begründung "in diesem Stil an die Öffentlichkeit gelangt ist, ist natürlich ein Schaden", so Pilnacek, "es ist eigentlich die Aufgabe des zweiten erfahreneren Staatsanwaltes zu schauen, wie so etwas in der Außenwelt ankommt". (Colette M. Schmidt, 9.2.2016)