"Heinz Fischer hätte den Orden nachreichen können, nachdem Strache auf Staatsbesuch in Israel gewesen war – und damit klar gezeigt, wo er steht": Hofburg-Anwärter Norbert Hofer (FPÖ) kritisiert die "kleingeistige Haltung" des amtierenden Bundespräsidenten.

Foto: Regine Hendrich

"Dass Faymann kein Staatsfreund ist – so würde ich es ausdrücken": Hofer würde zwar nicht so weit wie Strache gehen und den Kanzler angesichts der Flüchtlingskrise als "Staatsfeind" bezeichnen, aber: "Menschen unregistriert über die Grenze zu lassen, weder Schengen noch Dublin einzuhalten – das ist es, was mich massiv stört. Wir schaffen das nicht."

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"Es ist nicht die Aufgabe der österreichischen Politik, den Antisemiten den Antisemitismus auszutreiben, das ist eine Aufgabe der Strafgerichtsbarkeit": Hofer sorgt sich zwar, dass mit den vielen Flüchtlingen der Antisemitismus zunehmen könnte, das umstrittene Urteil zu einem "Aula"-Artikel will er aber nicht kommentieren.

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STANDARD: Weil der Bundespräsident zu Neujahr stets die Ansprache an die Österreicher hält: Würde die Ihre auch Herbert Kickl, als berüchtigter blauer Redenschreiber bekannt, verfassen?

Hofer: Nein. Denn ich bin ein Politiker, der noch nie vorgefertigte Reden gehalten hat – auch nicht im Nationalrat. Lieber schreibe ich mir davor ein paar Notizen auf, was ich sagen möchte.

STANDARD: Das heißt, uns blühen mit Ihnen als Bundespräsident spontane Fernsehansprachen?

Hofer: Möglicherweise. Ich bin eher der Stichwort-Typ.

STANDARD: Das Staatsoberhaupt prüft an Gesetzen nur, ob diese formalrechtlich korrekt zustande gekommen sind. Würden Sie – so wie Irmgard Griss – auf offensichtliche Verfassungswidrigkeiten sofort hinweisen, ehe dazu das Höchstgericht angerufen werden kann?

Hofer: Der Bundespräsident sollte nicht die Mehrheiten im Nationalrat aushebeln. Ich bin aber für eine Vorprüfung durch den Verfassungsgerichtshof – an sein Urteil sollte sich dann der Amtsinhaber halten.

STANDARD: Heinz Fischer hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einst wegen seiner Entgleisungen die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern verweigert. Würden Sie Ihrem Parteichef diesen Orden verleihen?

Hofer: Abgesehen davon, dass Strache Orden nicht wichtig sind: Ich finde es höchst eigenartig, dass man einem Politiker ein Ehrenzeichen, das einem nach der Usance ab einem gewissen Zeitraum im Nationalrat zusteht, verweigert – nur weil man eine andere politische Ansicht hat. Was Fischer da gemacht hat, war nicht gerechtfertigt. Also: Wenn Strache gerne diesen Orden haben will, von mir würde er ihn bekommen.

STANDARD: Fischer wollte damit aber ein Zeichen setzen, weil Strache angesichts von Protesten gegen den Burschenschafterball erklärt hat: "Wir sind die neuen Juden."

Hofer: Dann hätte Fischer den Orden nachreichen können, nachdem Strache auf Staatsbesuch in Israel gewesen war – und damit klar gezeigt hat, wo er steht. Das ist wirklich eine kleingeistige Haltung.

STANDARD: Würden Sie wie Strache auch so weit gehen, Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann als "Staatsfeind" zu bezeichnen?

Hofer: Wenn man sich das Vorgehen der Regierung in den letzten Monaten anschaut, lässt sich zumindest eines sagen: Dass Faymann kein Staatsfreund ist – so würde ich es ausdrücken. Es wäre in der Flüchtlingskrise notwendig, die Verfassung und die Gesetze einzuhalten: Menschen unregistriert über die Grenze zu lassen, weder Schengen noch Dublin einzuhalten – das ist es, was mich massiv stört. Wir schaffen das nicht. Auch dass wir das Bundesheer über Jahre finanziell ausgehungert haben, ist ein klarer Verfassungsbruch. Das Budget müsste verdoppelt werden, von derzeit 0,5 auf ein Prozent der Wirtschaftsleistung, damit wir ein verteidigungsfähiges Militär haben.

STANDARD: In Deutschland hat die AfD-Chefin gerade für Aufregung gesorgt, weil sie im Extremfall Schusswaffen gegen Flüchtlinge einsetzen lassen wollte. Was, wenn der Zaun an Österreichs Südgrenze niedergetrampelt wird?

Hofer: Zuerst gilt es, einen Zaun zu bauen, der nicht niedergetrampelt werden kann. Die Diskussion über den Schusswaffengebrauch ist absurd. Denn der ist klar in der allgemeinen Dienstvorschrift geregelt. Ich bin während meiner Bundesheerzeit auch an der Grenze gestanden. Wir hatten den Befehl: Nicht in die Luft schießen – und wenn wir schießen, müssen wir richtig schießen, aber nur, wenn das eigene Leben bedroht ist, und nicht, wenn jemand über die Grenze kommt.

STANDARD: Im Gegensatz zu früher sind Sie nun für die Aufrechterhaltung des Verbotsgesetzes – erst recht, weil mit den Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten auch Antisemitismus zum Problem werden könnte. Was also tun bei ihrer Integration?

Hofer: Es ist nicht die Aufgabe der österreichischen Politik, den Antisemiten den Antisemitismus auszutreiben, das ist eine Aufgabe der Strafgerichtsbarkeit.

STANDARD: In der FPÖ-nahen Zeitschrift "Aula" wurden in einem Artikel die 1945 befreiten KZ-Häftlinge in Mauthausen als "Landplage" und "Kriminelle" bezeichnet. Wie beurteilen Sie den von der Staatsanwaltschaft Graz verhängten Urteilsspruch ("nachvollziehbar") dazu, mit dem das Verfahren eingestellt wurde? Ist allein auf die Justiz denn da genug Verlass?

Hofer: Weder habe ich die Zeitschrift gelesen, noch ist diese ein Organ der FPÖ. Deswegen will ich auch nicht beurteilen, ob es sich da um ein Fehlurteil handelt. Denn es gibt in Österreich die Gewaltentrennung – und daher ist es auch nicht angebracht, wenn sich die Politik in die Gerichtsbarkeit einmischt.

STANDARD: In Oberösterreich will Ihre Partei die Mindestsicherung für Flüchtlinge auf 320 Euro kürzen. Keine Sorge, dass dann die Kriminalität steigt, weil die Menschen zu wenig zum Leben haben?

Hofer: Das bleibt ja nicht bei den 320 Euro. Denn es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten von Zuschüssen. Wir müssen aber insgesamt überlegen, wie es mit dem Modell der Mindestsicherung weitergehen soll. Die Kosten steigen enorm. Wir haben viele alleinerziehende Mütter, die unter der Armutsschwelle leben. Da müsste man sich auch fragen: Was mache ich mit der Familienbeihilfe?

STANDARD: Also Familienbeihilfe erhöhen und Mindestsicherung kürzen?

Hofer: Die Familienbeihilfe sollte auf alle Fälle erhöht werden. So einfach ist es aber nicht. Wir haben das Problem, dass es zwischen dem, was ich an Mindestsicherung bekommen kann und dem, was ich verdienen kann, in manchen Branchen keinen Unterschied gibt. Ein Taxifahrer, der 40 Stunden arbeitet, bekommt knapp über 1.000 Euro netto. Da müssen wir uns etwas überlegen. Ich denke an das Modell eines Mindestlohns.

STANDARD: Gesetzliche Vorgaben wie in Deutschland?

Hofer: Mir würde das besser gefallen als unser jetziges System mit der Sozialpartnerschaft, weil diese in vielen Bereichen versagt. Aber jetzt fragen Sie mich nicht, wie hoch er sein soll.

STANDARD: Doch. Wie hoch soll der Mindestlohn sein? ÖVP-Kandidat Andreas Khol hätte gern, dass alle 2.400 Euro netto verdienen.

Hofer: Das würden sich alle wünschen. Aber das ist absurd. Als Grundsatz soll gelten: Wer in Not gerät, wird nicht alleingelassen. Wir müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass der, der arbeiten kann, trotzdem etwas mehr bekommt. Der Unterschied muss mindestens 20 Prozent betragen.

STANDARD: Ihr Pressesprecher twitterte unlängst ein Bild, das alle anderen Kandidaten mit einer Gehhilfe zeigt, Sie als Sportler. Ist das angemessen, sich so über das Alter der Konkurrenz lustig machen?

Hofer: Ist es angemessen, wenn ein grüner Bundesrat twittert, ob das schon genug Qualifikation für das Amt ist, behindert zu sein? Ein Mitarbeiter von Kandidat Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wiederum hat mich auf Facebook als "Krüppel" bezeichnet, wofür sich Hundstorfer bei mir telefonisch entschuldigt hat. Was ich damit sagen will: In Zeiten von Facebook wird es immer Postings geben, die nicht in Ordnung sind.

STANDARD: Also Sie haben nicht vor, sich da zu entschuldigen?

Hofer: Ich bin doch der einzige Gehbehinderte von dem Kreis, das war witzig gemeint. Dass ich mich jetzt entschuldigen müsste bei den anderen, die nicht gehbehindert sind, das glaube ich nicht. Klare Antwort: Nein.

STANDARD: Sie haben einst eine parlamentarische Anfrage in Sachen Chemtrails eingebracht, einer Verschwörungstheorie, laut der das Militär die Bevölkerung über Kondensstreifen manipuliert. Glauben Sie allen Ernstes an so etwas?

Hofer: Ich bin überhaupt kein Verschwörungstheoretiker. Ich bin Triebwerkstechniker, weiß also, was ein Kondensstreifen ist. Ich kann die Leute beruhigen: Es gibt in Österreich keine Chemtrails.

STANDARD: Warum bringen Sie dann so eine Anfrage ein? Muss man damit die Beamten eines Ministeriums belästigen?

Hofer: Weil es total viele Mails gab, ich möge das abfragen. Die Antwort des Ressorts war relativ kurz, die waren also nicht lange damit beschäftigt. (Günther Oswald, Nina Weißensteiner, 9. 2.2016)