Die Grenzpolizei will Klarheit, wie sie mit den Fingerprints von Asylwerbern zu verfahren hat. Obwohl SPÖ wie ÖVP von allen Ankommenden die Abdrücke speichern wollen, brachen die Koalitionäre einen verwirrenden Streit vom Zaun.

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Wien – Angesichts der harschen Kritik der Polizeigewerkschaft an den verwirrenden Vorgaben der Koalition für das Speichern der Fingerabdrücke von Flüchtlingen an der Grenze zeigt man im Innenministerium nun Verständnis. "Es ist nachvollziehbar, dass die Polizisten die Situation derzeit als unbefriedigend empfinden", sagt Ressortsprecher Karl-Heinz Grundböck zum STANDARD, und: "Wir teilen diese Ansicht."

Der oberste Exekutivgewerkschafter Hermann Greylinger (SPÖ) erklärte am Freitag wegen des rot-schwarzen Gezänks auf Ö1, dass die Beamten am slowenisch-steirischen Grenzübergang Spielfeld "klare Anweisungen brauchen, damit sie ihre Arbeit ordentlich erledigen können". Nachsatz: "Die Politik lässt die Polizei im Stich."

Ostermayer gegen Mikl-Leitner

Wie berichtet, waren sich Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in die Haare geraten, ob nun von allen Ankommenden an der Grenze die "Papillarlinienabdrücke" dauerhaft zu registrieren sind – oder eben nicht. Hintergrund: Noch immer wollen die meisten Flüchtlinge nicht hierzulande, sondern in Deutschland um Asyl ansuchen.

Gemäß Eurodac-Verordnung sowie dem österreichischen Grenzkontrollgesetz ist zwar der Abgleich der Fingerabdrücke von Durchreisewilligen erlaubt, um festzustellen, ob nach diesen Personen gefahndet wird oder ob sie bereits in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben – bei negativen Ergebnissen sind ihre Abdrücke allerdings wieder zu löschen. Im Gegensatz zu den Fingerprints von all jenen, die in Österreich einen Asylantrag stellen wollen.

SPÖ "gesprächsbereit"

Um auch die Durchreisenden derart erfassen zu können, insistierte Mikl-Leitner – wie übrigens auch namhafte Juristen – auf einen zusätzlichen Passus im Grenzkontrollgesetz, den sie der SPÖ im Dezember übermittelt hat. Erst nach einigem Hin und Her lenkte Ostermayer, der die Rechtslage für ausreichend hält, ein – und gab sich zu einer Nachschärfung "gesprächsbereit". Bis die erforderliche Regelung in Kraft tritt, kann es bis zum Frühjahr dauern.

Konkret machen den Beamten im Süden aktuell Migranten das Leben schwer, die die Kriterien für das Passieren der Grenzkontrolle nicht erfüllen – und die demnächst mit neuer Identität, also falschen Papieren, wieder vor den Beamten stehen, denn: Auch ihre Abdrücke dürfen nicht gespeichert werden. Grundböck: "Deswegen müssen wir die rechtliche Grundlage dafür schaffen, damit unsere Beamten auch hier Rechtssicherheit haben."

Verwirrung wegen Kogler

Für Verwirrung sorgte aber nicht nur der Streit in der Regierung, sondern auch Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und eigentlich Befürworter einer Verschärfung des Grenzkontrollgesetzes. Um zu veranschaulichen, dass der große Nachbar Deutschland im Fall von Rückschiebungen nach dem Dublin-Verfahren diese ohnehin mit Slowenien abwickeln müsste, hatte Kogler erklärt: Selbst wenn man in Spielfeld schon jetzt die Fingerabdrücke aller Personen ins Eurodac-System einspeisen würde, ergäbe sich daraus nur "die Erkenntnis" , dass die Menschen "aus Slowenien kommen" – womit "der Mehrwert" des Abspeicherns "gering bis gar nicht vorhanden" wäre. Eine missglückte Formulierung für jene Polizisten, die täglich mit dem Abnehmen und partiellem Löschen von Fingerprints beschäftigt sind.

Koalitionäre Missstimmung herrschte zuletzt aber auch wegen der Asylstatistik. Am Mitttwoch hatte SPÖ-Klubchef Andreas Schieder gefordert, dem Innenministerium die Zuständigkeit für die Veröffentlichung dieser Daten zu entziehen. Grund dafür: Nach technischen Problemen vor zwei Jahren ist Österreich der EU-Statistikbehörde Eurostat immer noch Asylzahlen aus 2014 schuldig. Das sei eine einmalige Panne gewesen, meint man dazu im Innenressort.

Kooperationsvertrag um Asylstatistik

Stattdessen, so Schieder, solle die Statistik Austria die Aufgaben übernehmen: ein Vorschlag, dem gegenüber man sich wiederum im Innenressort am Donnerstag "gesprächsbereit" zeigte. Ohnehin existiere zwischen Ministerium und Statistik Austria seit 2011 ein einschlägiger Kooperationsvertrag.

Doch auch fünf Jahre nach Vertragsabschluss ist noch nichts fix. Würde die Statistik Austria die Asyldatenverarbeitung übernehmen, so würde sich an der – etwa im Vergleich zu Deutschland – kargen veröffentlichten Datenlage "durchaus etwas zum Besseren ändern", sagte Stephan Marik-Lebek von der Statistik Austria dem Standard am Freitag: "Weil dann das Bundesstatistikgesetz samt Qualitätskriterien gelten würde".

Pflicht zu Datenweitergabe

Auch wären das Innenressort, und damit das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dann zur Weitergabe der Asyldaten an die Statistik Austria verpflichtet, sagt Marik-Lebek. Schon jetzt würden beim BFA "viele Informationen von guter Qualität gesammelt". Doch von "direktem Zugriff auf Behördendaten" hält man im Ministerium nichts. Denn das gebe es auch in Deutschland nicht. (Irene Brickner, Nina Weißensteiner, 5.2.2016)