Wien – Ein Zehnjähriger ist bereits am 2. Dezember 2015 in einem Hallenbad in Wien-Meidling vergewaltigt worden. Wie erst jetzt bekannt wurde, trug der Bub im Analbereich derart massive Verletzungen davon, dass er in der Kinderklinik des AKH behandelt werden musste. Der mutmaßliche Täter – ein Flüchtling aus dem Irak – konnte noch am Tatort festgenommen werden.

In seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung legte der Mann, der am 13. September über die Balkanroute nach Österreich gelangt war, ein Tatsachengeständnis ab. Er machte sexuellen Notstand geltend. Er sei seinen "Gelüsten nachgegangen", hielten die Kriminalisten die Angaben des Verdächtigen wörtlich fest. Er habe seit vier Monaten keinen Geschlechtsverkehr mehr gehabt.

Auf die Frage der Beamten, ob es nicht auch im Irak verboten sei, mit zehnjährigen Buben Sex zu haben, antwortete der Flüchtling: "So etwas ist in jedem Land der Welt verboten." Er wisse, dass er "einen Riesenfehler gemacht" und "bei dem Buben eine große Narbe hinterlassen habe".

Mann in U-Haft

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 20-Jährigen wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, bestätigte Behördensprecherin Nina Bussek am Freitag. Er befindet sich in U-Haft. Die Polizei war mit dem Fall "aus Opferschutzgründen" nicht an die Öffentlichkeit gegangen, wie Thomas Keiblinger, Sprecher der Landespolizeidirektion, auf APA-Anfrage erklärte. Bei Sexualdelikten werde abgewogen, ob die jeweiligen Umstände des konkreten Falles ein Publikmachen rechtfertigen.

Dass man die Tat verschweigen wollte, um die Stimmung in der Bevölkerung nicht anzuheizen, weil der verdächtige Flüchtling erst seit wenigen Wochen im Land war, hätte "auf keinen Fall eine Rolle gespielt", versicherte Keiblinger. Man habe ja erst unlängst über einen Asylwerber berichtet, der im Prater eine 18-Jährige vergewaltigt hatte.

Es habe keinen Grund für eine proaktive Presseaussendung gegeben, meinte Oberst Johann Golob, der Leiter der Pressestelle der Wiener Landespolizeidirektion. "Wir bestätigen in solchen Fällen auf Anfrage, aber machen nichts proaktiv", sagte Golob gegenüber der APA. Das sei in diesem Fall auch geschehen.

Da der Verdächtige noch im Hallenbad festgenommen wurde, hätte "kein notwendiger Ansatz für Fahndungsmaßnahmen" bestanden, sagte Golob: "Der Fall war polizeilich abgeschlossen und wurde der Justiz übergeben."

Hohe Aufklärungsrate

Bei Sexualdelikten gehen Polizei und Opferschutzeinrichtungen von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes weist bei sexuellem Missbrauch und schwerem sexuellem Missbrauch von Unmündigen (Paragrafen 206 und 207 im Strafgesetz) im Jahr 2010 einen markanten Anstieg auf insgesamt über 650 Anzeigen auf. In den Jahren davor waren es unter 500. Seit 2010 liegt die Zahl pro Jahr bei 600 bis 700 Anzeigen. Die Aufklärungsrate ist mit über 90 Prozent sehr hoch, was auch damit erklärt wird, dass die Täter meistens aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis der Opfer kommen. (APA, red, 5.2.2016)