Die Kurbel dreht sich, im Unbewussten gärt es: Raúl Maias Performance "Excitement of our people".

Foto: Raúl Maia

Wien – Die Frau und die zwei Männer auf ihrer gefährlich schrägen Rampe sind keine Verdammten, wie es zunächst scheint. Bei Raúl Maias neuer Choreografie Excitement of our people, die zurzeit im Tanzquartier Wien zu sehen ist, bringen sich also nicht Entsetzte ins Spiel – sondern Figuren, die in eine Art Zwischenwelt versetzt worden sind.

Daher wäre es keine Überraschung, wenn plötzlich der Lucky aus Samuel Becketts Warten auf Godot vorbeitanzte. Aber das geschieht nicht – obwohl einer der beiden Männer von dem anderen irgendwann wie Lucky an die Leine genommen wird. Aber bevor dem Publikum noch der Atem stockt, ist dieses Bild schon wieder vorbei.

Die drei sind aus dem Dunkel hinter ihrer gekippten Bühne aufgetaucht, haben einander umfasst und dann das Abschüssige erklommen. Vorn neben der linken und der rechten Ecke der Rampe liegt je eine Kabeltrommel. Eine vierte Figur tritt an eine dieser Trommeln und beginnt, sie mit einer Kurbel zu drehen, woraufhin sich die andere ebenfalls zu bewegen beginnt.

Erst jetzt ist zu erkennen, dass hier ein "Tonband" in Gang gesetzt wird: zwei Spulen, ein schwarzes Stoffband – und darauf Text aus geklebten Buchstaben: "I was having great revelations or was it your idea?" – "Disruption of a dream." – "Nourishing a line." Und so weiter. Das ist weder ein Dialog noch eine normale Geschichte. Vielmehr laufen hier Untertitel zu einem zwielichtigen Geschehen ab, das sich im Kriechtempo entwickelt.

Ausmaß der Ahnung

Das Trio der künstlich kostümierten Figuren bewegt sich anfangs kaum. Hier ein Fingerspiel, dann eine Neigung des Kopfs, da eine kleine Körperwendung. Erst später kommt mehr. Dieses Spiel wird keine Sekunde lang öde, weil der beinahe ununterbrochene Fluss der Worte auf dem Band von einer raffinierten Sound-Musik-Mischung begleitet wird, die das immer wieder in Tableaux vivants steckenbleibende Tun der drei Performer (Maia selbst neben Sabina Holzer und Raphaël Michon) zugleich einhüllt und ausstellt.

Auf dieses Geschehen ist die Lichtkomposition von Bas Devos perfekt abgestimmt. Bei all dem entsteht der Eindruck, dass da ein Drama stattfindet, dessen Ausmaß und Inhalt das Publikum nur erahnen soll. Der Kurbler kurbelt unablässig. Drei Masken maskieren alles "Authentische". Und allerlei Utensil (eine Kette, ein Haarballen, ein gerahmtes Bild) zeugt von Abgründigem, das im Unbewussten gärt und nur zu einem Bruchteil zum Vorschein kommt. Ganz klar ist am Ende nur, dass "Excitement of our people" von der ersten bis zur letzten Sekunde grandios gelungen ist. (Helmut Ploebst, 5.2.2016)