Die britische Street-Art-Künstlerin Sarah Gillings setzt mit Alice Against FGM ein Statement gegen Genitalverstümmelung.

Foto: Sarah Gillings / Tom Oldham

Gillings verleiht jeder gemalten Alice eine Nummer und stellt Bezug zum jeweiligen Schauplatz her. Alice IV ziert den Kulturverein Werk bei der Spittelau in Wien.

Sarah Gillings / Chinagirl Tile

Alice III macht an der Außenwand des Vereins Kunstfreiraum in Graz auf FGM aufmerksam.

IOnArt

Seit dem Jahr 2003 wird am 6. Februar international an Menschenrechtsverletzungen an Frauen erinnert: die Genitalverstümmelung. Es ist der International Day of Zero Tolerance to Female Genital Mutilation.

Zu diesem Anlass bietet es sich an, die Scheinwerfer auf Frauen wie Petra Bayr von der Österreichischen Plattform gegen weibliche Genitalverstümmelung (Stop FGM) zu richten. Oder auf die britische Streetart-Künstlerin Sarah Gillings, die derzeit in Wien gastiert und in ihren Bildern Female Genital Mutilation (FGM) anprangert.

Perspektivenwechsel durch Streetart

Gillings bedient sich nackter Wände, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Für sie gehe es in ihrer Arbeit darum, Perspektivenwechsel zu ermöglichen. Ein Mitarbeiter der Regierung sehe einen Sachverhalt anders als eine NGO-Vertreterin oder eine direkt Betroffene, sagte sie bei einer Veranstaltung der Plattform Stop FGM.

"Mir geht es darum, verschiedene Perspektiven zusammenzuführen und positive soziale Veränderungen in der Gesellschaft zu erzielen", sagt die Künstlerin. Dabei sei Streetart als Form der Inclusive Arts besonders geeignet, Gender-Angelegenheiten anzusprechen und ein großes Publikum zu erreichen. Gillings: "Streetart wird von allen gesehen – auch von Männern."

Mangelnde Betroffenheit in Europa

Aber nicht nur Barrieren zwischen Geschlechtern sind entscheidend. EuropäerInnen vermuten das Problem der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Ferne und fühlen sich daher nicht betroffen. Allerdings, so Bayr: "Durch Migration passiert weibliche Genitalbeschneidung auch in der europäischen Diaspora."

Auch Gillings nahm zum Faktor Betroffenheit Stellung: "Medien würden blonden, blauäugigen Mädchen mehr Aufmerksamkeit schenken." Mit diesen Worten erklärt sie ihre Entscheidung, Lewis Carrolls Märchenfigur Alice zum Gesicht ihrer Kunstkampagne "Alice Against FGM" zu machen.

Unicef: 125 Millionen Frauen betroffen

Unicef geht davon aus, dass 125 Millionen Frauen und Mädchen in 29 afrikanischen und arabischen Staaten von FGM betroffen sind. Allerdings fordert Bayr auch Aufklärung darüber, dass Religion in keinem Zusammenhang mit der 5.000 Jahre alten Tradition der weiblichen Genitalverstümmelung stehe. Es sei wichtig, den Irrglauben zu beseitigen, FGM würde eng mit dem Islam verbunden sein.

Daten über Genitalverstümmelung in Asien und Lateinamerika fehlen weitgehend, Belege deuten allerdings auf die Praxis in Ländern wie Indien, Kolumbien und Peru hin. Vor zwölf Jahren lag die Zahl noch bei 155 Millionen. Mit der Senkung um 30 Millionen wurden im Kampf gegen Genitalverstümmelung also bereits deutliche Erfolge erzielt.

"Kunst ist ein mächtiges Medium"

Trotzdem wird weltweit die Zahl der Frauen, die von Genitalverstümmelung betroffen sind, durch das Bevölkerungswachstum steigen. "Es sei denn, es werden radikale Maßnahmen gegen FGM gesetzt", sagt Bayr. "Dann wäre ein Rückgang möglich."

Gillings hofft, dass die Streetart ihren Beitrag dazu leisten kann. "Kunst ist ein mächtiges Medium", sagt sie, "um Probleme anzusprechen und Inhalte zu verbreiten." (Anna Celine Mark, 5.2.2016)