Erst nach "Asyl auf Zeit", also bei einer dauerhaften Asylberechtigung, sollen Flüchtlinge vollen Zugang zur Mindestsicherung erhalten, sagt Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ).

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Graz – Die steirische SPÖ will die Mindestsicherung für Asylberechtigte teilweise streichen und stattdessen eine "Integrationshilfe" einführen. Das Modell soll für die Dauer des "Asyls auf Zeit" als eine Kombination aus Geld- und Sachleistungen gelten. Die Kosten könne aber nicht das Land Steiermark bezahlen, sie soll der Bund aus einer Art "europäischem Sozialfonds" übernehmen.

Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer und Soziallandesrätin Doris Kampus schlagen neben "rascheren Kürzungen bei Arbeitsverweigerung" vor, diese Integrationshilfe anstatt der Mindestsicherung auszuzahlen: "Erst wenn das 'Asyl auf Zeit' in eine dauerhafte Asylberechtigung übergegangen ist, sollten anerkannte Flüchtlinge vollen Zugang zur Mindestsicherung erhalten."

Länder mit weniger Flüchtlingen sollen mitzahlen

Besonders pikant ist der Nachsatz, dass diese neue Unterstützungsform "außerhalb der Sozialbudgets des Bundesländer erfolgen" soll. Aus Kampus' Büro hieß es am Donnerstag auf APA-Nachfrage, dass man überzeugt sei, "dass die Finanzierung nicht über die Sozialbudgets der Länder zu schaffen ist". Das Modell würde aber die Mindestsicherung für die Steirer absichern.

Als Finanzierungsvorschlag verlangen die beiden die Einführung eines "europäischen Sozialfonds", aus dem die Mehrkosten jener EU-Länder ausgeglichen werden sollen, die im Verhältnis zu anderen Staaten eine höhere Bereitschaft bei der Aufnahme von Flüchtlingen an den Tag legen: "Wenn wir schon innerhalb der EU keine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge zustande bringen, so sollte wenigstens bei der Kostentragung eine solidarische Lösung erzielt werden", so Schickhofer und Kampus.

ÖVP: "Diskussionswürdig", Grüne: "Unausgegoren"

Der steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler, der offenbar schon im Vorfeld mit der SPÖ Gespräche geführt hatte, hält den Vorschlag der "Integrationshilfe" für diskussionswürdig: "Vor allem der Gedanke, damit die klassischen sozialen Sicherungssysteme zu entlasten, ist gut. Das Sozialsystem muss für die Österreicher verlässlich bleiben. Gerne können wir in Verhandlungen eintreten."

Der Grünen-Abgeordnete Lambert Schönleitner dagegen hielt die Idee von LHStv. Michael Schickhofer und Soziallandesrätin Doris Kampus (beide SPÖ) für "unausgegoren". "Asyl auf Zeit" und "Integrationshilfe" seien ein Widerspruch. Das Problem sei, dass es zu wenige Deutschkurse und Ausbildungsabgebote gebe.

Kritik von FPÖ und roter Jugend

FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek sprach von Scheinaktionismus und einer "Placebopolitik auf Kosten der österreichischen Steuerzahler". Kampus vergesse, "dass Geld kein Mascherl hat und die heimischen Bürger als EU-Nettozahler die geplante Integrationshilfe zum größten Teil selbst zu finanzieren haben". Aus freiheitlicher Sicht sei es nicht hinzunehmen, dass vermeintliche Flüchtlinge die gleichen Unterstützungsleistungen wie Österreicher bekommen, "die teilweise jahrzehntelang gearbeitet und damit das Sozialsystem gestützt haben". "Wir lehnen die Mindestsicherung und damit auch die umbenannte Integrationshilfe in dieser Form ab, da oftmals die Differenz zwischen einem wirklich erarbeiteten Gehalt und der für das Nichtstun zugeschobenen finanziellen Mittel viel zu gering ist", so Kunasek.

Kritik gab es auch aus den eigenen Reihen. Die Sozialistische Jugend Steiermark warnte: "Die SPÖ darf nicht zur Steigbügelhalterin schwarzblauer Asylfantasien werden", hieß es in einer Aussendung. Landesvorsitzender Peter Drechsler kündigte Widerstand an: "Einmal mehr weht sich die SPÖ wochenlang gegen eine ÖVP-Forderung, nur um dann – ohne Beschluss oder Diskussion in den Gremien – umzufallen. Wir werden jedes organisatorische und statutarische Mittel nutzen, um diesen Vorschlag zu verhindern." Auch bei der Jungen Generation der SPÖ Steiermark stieß der Vorschlag der "Integrationshilfe" statt Mindestsicherung auf Unverständnis. Das sei ein "leicht durchschaubarer Etikettenschwindel, um die Gemüter von sogenannten besorgten Bürgern zu befriedigen", meinte Mustafa Durmus, Landesvorsitzender der Jungen Generation (JG) in der SPÖ Steiermark.

Parteimitglieder raten SPÖ zu Strenge

Die SPÖ hat alle Parteimitglieder zur Flüchtlingskrise befragt, von denen sie E-Mail-Adressen hatte. 11.000 Personen – das entspricht 5,6 Prozent der Parteimitglieder – meldeten sich zurück. 65,3 Prozent von ihnen waren für den von der ÖVP "Obergrenze" genannten "Richtwert". Dieser legt fest, dass Österreich heuer nicht mehr als 37.500 Asylanträge annehmen will. Dass dieser Richtwert alleine nicht genug sein wird, fanden 59 Prozent.

Begrüßt werden Maßnahmen wie raschere Verfahren (zu 96 Prozent), Einschränkung von EU-Förderungen für Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen (zu 92 Prozent), einheitliche Asylstandards in Europa (96 Prozent), mehr Rückführungsabkommen (89 Prozent) oder auch, dass Anträge nur noch in Hot-Spots an EU-Außengrenzen abgegeben werden dürfen (79 Prozent).

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid betonte im Gespräch mit der APA, dass es sich um keine repräsentative Umfrage gehandelt habe. (APA, 4.2.2016)