Bis 2007 waren weltweit lediglich 14 Fälle der für Erwachsene grundsätzlich harmlosen Zika-Infektion bekannt. Über Asien und Polynesien fand das Virus seither den Weg nach Südamerika, wo sich seit dem Vorjahr mehr als eine Million Menschen angesteckt haben sollen – lesen Sie in der Folge den Wissensstand über die 1947 entdeckte, aber weitgehend noch unerforschte Krankheit.

Das ist die Gelbfiebermücke, wissenschaftlich auch als Aedes aegypti bekannt. Wegen ihrer weißen Streifen an Körper und Beinen wird sie auch Ägyptische Tigermücke genannt. Sie lebt endemisch in Afrika und Asien, kommt heute aber in tropischen und subtropischen Regionen auf der ganzen Welt vor. Die Gelbfiebermücke ist Hauptüberträgerin von Gelb-, Chikungunya- und Dengue-Fieber sowie einigen anderen Viruserkrankungen, von denen das Zika-Fieber derzeit die größte Aufmerksamkeit bekommt.

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Während an Gelb- oder Denguefieber jährlich zehntausende Menschen und großteils Kinder sterben, löst das Zika-Virus bei Erwachsenen meist nur einen harmlosen Krankheitsverlauf aus. Nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen treten Symptome wie Fieber, Hautausschlag, Bindehautentzündung, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen in der Regel deutlich milder auf als bei anderen durch Mücken übertragenen Krankheiten. Vier von fünf Infizierten entwickeln gar keine Symptome. Todesfälle wurden bisher ausschließlich in Verbindung mit schweren Vorerkrankungen dokumentiert.

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Als gefährlicher wird das Virus für Ungeborene eingestuft. Gehäuftes Auftreten einer Fehlbildung des Kopfes (Mikrozephalie) wird mit dem Zika-Virus in Verbindung gebracht – endgültig bewiesen ist der Zusammenhang aber noch nicht. Womöglich ist das Virus auch nicht allein an der Schädigung schuld, sondern wirkt gemeinsam mit Co-Faktoren wie Antikörpern gegen andere Viren oder Medikamenten. Auch eine Rötelerkrankung der Mutter kann zu Mikrozephalie beim Kind führen.

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Die Übertragung des Zika-Virus erfolgt in der Regel über den Stich der infizierten weiblichen Gelbfiebermücke, wenn sie nach der Befruchtung Blut abzapft, um den Energiebedarf für die Nachkommen zu decken. Noch nicht abschließend erforscht ist die Übertragung durch eine verwandte und stärker verbreitete Mückenart, Aedes albopictus oder Asiatische Tigermücke.

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Am Dienstag berichteten US-Behörden vom zweiten bekannt gewordenen Fall einer Übertragung von Mensch zu Mensch durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Mediziner äußerten sich über die epidemiologische Rolle dieser Übermittlungsart aber zurückhaltend, da sonst deutlich mehr solcher Fälle aufgezeichnet sein müssten.

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Das Zika-Virus ist keine neu identifizierte Erkrankung. Erstmals wurde es 1947 beschrieben, als es bei der Forschung am Gelbfiebervirus im Zika Forest in Entebbe, Uganda in einem Rhesusaffen entdeckt wurde. Die erste Infektion eines Menschen mit dem Flavivirus der Familie Flaviviridae wurde 1960 im Kongo registriert. Sein Genom wurde erstmals 2006 vollständig sequenziert.

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Bis 2007 waren weltweit nur 14 Fälle von Zika-Infektionen bekannt, alle davon in Asien und Afrika. Im selben Jahr traten erste Fälle auf den Yap-Inseln in Polynesien auf, woraus sich 2013 eine Epidemie in Französisch-Polynesien entwickelte. Aus 32.000 Verdachtsfällen – das betraf knapp jeden achten Bewohner – wurden 383 tatsächliche Infektionen ermittelt. Über Neukaledonien, die Cookinseln und die Osterinsel fand das Virus seinen Weg nach Südamerika, wo es sich ab Mitte 2015 massiv ausbreitete. Warum es ausgerechnet jetzt zu einer Epidemie kommt, ist nicht bekannt. Wissenschafter gehen davon aus, dass sich das Virus durch Mutationen besser an die Umwelt angepasst hat.

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In Brasilien wurden seit Oktober 4.074 Fälle von Mikrozephalie erfasst, allein innerhalb der vergangenen Woche waren es 404. Obwohl nur in 17 Fällen nachgewiesen werden konnte, dass sich die Mütter in der Schwangerschaft auch mit dem Zika-Virus infiziert hatten, warnen Behörden wie Österreichs Gesundheitsministerium schwangere Frauen vor Reisen in betroffene Länder. In El Salvador raten die Gesundheitsbehörden, einen Kinderwunsch bis 2018 aufzuschieben.

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In Brasilien sind laut dem dortigen Gesundheitsministerium bereits 68 Babys an Mikrozephalie gestorben. Überlebende Kinder werden wegen des zu kleinen Gehirns meist mit schweren geistigen Beeinträchtigungen diagnostiziert. Obwohl Experten davor warnen, sich vorschnell auf Zika als Ursache festzulegen, stieg aus Angst vor den Folgen in Brasilien zuletzt die Zahl der auf Verdacht begründeten Abtreibungen.

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Auch zwei Dutzend weitere lateinamerikanische Staaten und zuletzt Länder auf anderen Kontinenten bestätigten Erkrankungsfälle. In Kolumbien wurden 20.300, in Venezuela 4.700 und in Honduras etwa 1.000 Infektionen nachgewiesen. Vereinzelte Fälle außerhalb Lateinamerikas wurden bisher aus den USA, Irland, Italien und Australien gemeldet. In den Verbreitungsgebieten der Gelbfiebermücke auf der Nordhalbkugel – darunter auch Südeuropa – wird mit einer stärkeren Ausbreitung gerechnet, wenn die Insekten im Frühjahr und Sommer aktiv werden.

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Bisher existieren weder eine Impfung noch Medikamente zur Vorbeugung eines Ausbruchs. Die WHO hat deshalb am Montag Pharmaunternehmen aufgerufen, in die entsprechende Forschung zu investieren. Unter anderem die Konzerne Pfizer, Johnson & Johnson, Sanofi und Merck kündigten seither die Entwicklung von Impfstoffen an. Bis zur Marktreife könnte es aber Monate oder Jahre dauern.

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Erschwerend kommt hinzu, dass es bisher keinen zuverlässigen Test gibt, der eine Infektion eindeutig dem Zika-Virus zuweist. Erkrankungszahlen müssen darum immer als grobe Schätzwerte interpretiert werden. Die WHO rechnet im schlimmsten Fall mit bis zu vier Millionen Erkrankungen in Nord- und Südamerika noch innerhalb dieses Jahres. Bereits eine Million Menschen sollen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Brasilien angesteckt haben. Aus diesem Grund rief die Weltgesundheitsbehörde am Montag den weltweiten Gesundheitsnotstand aus.

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Derzeit ist die meistverbreitete, keineswegs aber unumstrittene Methode, der Verbreitung der Mücke und in der Folge des Virus durch großflächiges Räuchern mit Pestiziden im Freien beizukommen. Experten bezweifeln allerdings die Effektivität, da sich die Tiere neben den Niststellen an offenen Wasserreservoirs auch unter Betten, hinter Tapeten und in Sanitäranlagen aufhalten.

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Unter anderem in der brasilianischen Stadt Piracicaba wurden Experimente aufgenommen, Aedes aegypti genetisch zu verändern. Die Gelbfiebermücken aus dem Labor sollen in der sexuellen Auslese mit ihren natürlichen Konkurrenten mithalten können, nach einer tatsächlichen Befruchtung sterben ihre Nachkommen aber bereits im Larven- oder Puppenstadium ab. Einen anderen Zugang präsentierte am Dienstag die Internationale Atomenergiebehörde in Wien. Männliche Exemplare der Mücke sollen durch ionisierende Strahlung unfruchtbar gemacht und so die Populationen eingedämmt werden. (Michael Matzenberger, 3.2.2016)

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