Chinesischer Chemieriese will Syngenta übernehmen.

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Peking/Basel – Es ist die größte Übernahme, die jemals ein chinesischer Konzern im Ausland getätigt hat und die zweitgrößte Transaktion in der Chemiebranche: Die China National Chemical Corporation, besser bekannt als Chem China, zahlt für den Pflanzenschutz-Weltmarktführer Syngenta 43 Milliarden US-Dollar, das sind umgerechnet 39,5 Milliarden Euro. Unter dem Druck unzufriedener eigener Aktionäre hat Syngenta-Chef Michel Demaré dem Werben aus Peking nachgegeben.

Damit verabschiedet sich Demaré, der früher bei ABB war, von dem noch im Sommer vehement verfochtenen Alleingang. Damals hatte er die Übernahmeavancen des US-Saatgutkonzerns Monsanto massiv zurückgewiesen. Trotz Kritik von Investoren soll Demaré nach der Übernahme durch Chem China an Bord bleiben.

Anleger abwartend

Anleger zeigten sich zunächst nicht überzeugt von dem Deal. Die Syngenta-Aktie kletterte an der Börse Zürich zwar um 6,5 Prozent auf 418 Franken (375 Euro), blieb damit aber deutlich unter den von Chem China gebotenen 480 Franken je Aktie (465 Dollar in bar und eine Sonderdividende von fünf Franken). Safra-Sarasin-Analystin Ute Haibach warnte, dass der Zusammenschluss auf politischen Gegenwind stoßen könnte.

Demaré strich hingegen die Vorteile der Übernahme heraus: "Die Transaktion ermöglicht weiteres Wachstum, speziell in China und weiteren Schwellenländern, sowie langfristige Investitionen in Innovation." Helvea-Analyst Markus Mayer erklärte, dass China und Asien insgesamt zu einem harten Pflaster für Konkurrenten wie BASF, Bayer oder Monsanto werden dürfte, sollte die Übernahme klappen.

Auch Monsanto hatte Interesse

Bitter ist die Chem-China-Transaktion vor allem für Monsanto. Syngenta hatte mehrere Übernahmeversuche des Marktführers im Saatgutbereich aus den USA abgeblockt, zuletzt im Sommer. Demaré begründete die Ablehnung damals neben dem ungenügenden Preis von rund 470 Franken mit zu hohen Hürden der Regulatoren.

Hier hat Chem China die besseren Karten, weil die Chinesen über ein wesentlich kleineres Agrochemiegeschäft verfügen. Es dürfte nicht sehr schwierig sein, von den Behörden grünes Licht zu erhalten. Sollte der Deal scheitern, wäre eine Vertragsstrafe fällig. Für Chem China beträgt diese Gebühr rund drei Milliarden Dollar, für Syngenta etwa 1,5 Milliarden Dollar.

Chem China hat erst vor kurzem zwölf Prozent des Genfer Rohstoffhändlers Mercuria erworben. Für den deutschen Maschinenbauer Krauss-Maffei zahlten die Chinesen Anfang des Jahres 925 Millionen Euro. 2015 hat sich Chem China auch den italienischen Reifenhersteller Pirelli um 7,1 Milliarden Euro einverleibt. Chinesische Unternehmen sind nicht erst jetzt scharf auf europäische Technologie.

Die Chemiebranche befindet sich weltweit in einem tiefgreifenden Umbruch. Der im Dezember auf den Weg gebrachte Zusammenschluss von Dow Chemical und DuPont schafft einen neuen Branchenriesen. Mit 130 Mrd. Dollar ist es die größte Chemiefusion aller Zeiten. Fallende Getreidepreise und instabile Märkte in den Schwellenländern haben den Herstellern von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut zugesetzt.

Syngenta mit Gewinn

Die schwierigste Marktsituation seit Jahren zeigt sich auch in der am Mittwoch veröffentlichten Jahresbilanz von Syngenta. Der Umsatz sank um elf Prozent auf 13,4 Milliarden Dollar, der Gewinn brach um 17 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar ein.

Neben der schwachen Branchenkonjunktur führte bei den Schweizern auch der Druck der Aktionäre zu einer Abkehr von der bisherigen Strategie des Alleingangs. Sie bezweifeln, dass der Baseler Konzern aus eigener Kraft einen ähnlich hohen Börsenwert erreichen kann wie im Zuge einer Übernahme. Die Frist zur Annahme des Angebots von Chem China beginnt am 4. April und läuft bis zum 23. Mai. Das Offert ist an die Bedingung geknüpft, dass mindestens 67 Prozent der Aktien angedient werden. Abgeschlossen sein soll der Kauf bis Ende 2016. In einigen Jahren soll die neue Gesellschaft wieder an die Börse kommen. (Reuters, stro, 3.2.2016)