Noch stehen die Zeichen im Raiffeisen-Sektor nicht auf Fusion.

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Wien – Die Raiffeisen Bank International (RBI) ist im Vorjahr wieder ins Verdienen gekommen; laut vorläufigem Konzernergebnis betrug das Plus 383 Millionen Euro. "Echter" Gewinn davon sind allerdings nur knapp 260 Millionen Euro, denn ein Teil des Ergebnisses (124 Millionen Euro) ist auf die Korrektur der Bilanz 2014 zurückzuführen. Wie das laut Mitteilung der RBI von Montagabend kam: Die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) hat die RBI-Bilanz 2014 und die Halbjahreszahlen 2015 unter die Lupe genommen.

Danach musste die Bank ihre 2014er-Bilanz noch einmal aufmachen und zum Halbjahr 2015 verbuchte Aufwendungen (die genannten 124 Millionen) ins Jahr 2014 nehmen. Der Verlust 2014 erhöhte sich so auf 617 Millionen Euro. Der Großteil der "Umbuchungen" (94 Millionen Euro) betrifft die Tochter Polbank. Deren Firmenwert hatte die RBI in der ursprünglichen 2014er-Bilanz erst zur Hälfte abgeschrieben (Ende 2015 zur Gänze) – nach Einschreiten der OePR musste die Abschreibung aber bereits 2014 zu hundert Prozent erfolgen. Die RBI will das polnische Institut verkaufen, wie berichtet verzögert sich das Vorhaben aber.

Fusionspläne wackeln

Auch der geplante Umbau des Sektors in Österreich erweist sich als steiniges Unterfangen. Zur Orientierung die Rollenverteilung: Die RBI ist das für Osteuropa zuständige, börsennotierte Institut, sie gehört zu 61 Prozent dem Spitzeninstitut des Sektors, der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Die restlichen Anteile sind in Streubesitz. Eigentümer der RZB sind die acht Raiffeisen-Landesbanken (RLB); größter Aktionär mit rund 35 Prozent ist die RLB NÖ Wien. Die Landesbanken wiederum gehören den rund 470 Raiffeisenkassen und die den Genossenschaftern des Sektors.

Um Doppelgleisigkeiten zu vermindern, Kosten zu kappen und die Eigenkapitalerfordernisse zu senken, laufen seit geraumer Zeit Gespräche, die Fusionen zum Ziel haben. Doch vom ursprünglichen Plan, auch große Landesbanken unter ein Dach zu bringen, scheint man inzwischen wieder abgekommen zu sein. Das Zusammengehen von RZB und RBI dürfte dagegen schon akkordiert sein – beschlossen ist es aber noch nicht. Eine derartige Fusion macht vor allem eigenkapitalmäßig Sinn. Mit ihr könnten sich daher auch die Landesbanken abfinden. Einen Wermutstropfen finden sie aber auch in diesem Konstrukt: Das Spitzeninstitut des Sektors, die RZB, wäre in dem Fall börsennotiert – mitreden in der RZB würden also auch andere Aktionäre.

Zweifel an Rechenmodellen

Die RLB NÖ Wien als größte RZB-Aktionärin ließe sich dem Vernehmen nach noch am leichtesten an Bord einer solchen RBIRZB bringen – für sie könnte sich die Fusion auch in Bezug aufs Eigenkapital auszahlen.

Die anderen großen Landesbanken sträuben sich allerdings gegen ein weiteres Zusammenrücken. Sie bezweifeln die Rechenmodelle, die externe Berater für Raiffeisen bereits erstellt haben und laut denen die Fusion von RLBs massive Kostenersparnisse brächte. Vor allem hinterfragen sie die Ertragssteigerungen, von denen die Berater ausgehen. Die von ihnen vorgelegten Zahlen seien "nicht realistisch, weil die Nachteile der Fusion nicht evaluiert wurden", wie einer der Landesbanker im Gespräch mit dem STANDARD kritisiert. Mehr noch, sein Institut hätte im Fusionsfall mit Ertragseinbußen zu rechnen. Und: "Wir haben nichts dagegen, wenn andere Landesbanken fusionieren wollen – aber es darf nicht zu unserem Schaden sein. In dem Fall stimmen wir sicher nicht zu."

Kooperation statt Fusion

Die Konsequenz aus alledem: Seit Wochen ist eine zweite Wirtschaftsprüfungskanzlei dabei, detailliertere Berechnungen für den Sektor anzustellen. Evaluiert werden Modelle mit unterschiedlichen Fusionsteilnehmerzahlen, aber auch die Auswirkungen von engeren Kooperationen. Die gibt es in etlichen Bereichen schon – etwa bei der IT oder der gemeinsamen Abwicklung. Gegen eine vertiefte Zusammenarbeit, etwa in IT oder Abwicklung, haben auch die großen Landesbanken nichts. Und ohne deren Sanktus geht gesellschaftsrechtlich genau gar nichts. (Renate Graber, 2.2.2016)