Antonia Meiners (Hrsg.): Die Suffragetten. Sie wohlen wählen und wurden ausgelacht. Elisabeth Sandmann Verlag 2016

192 Seiten, 20,60 Euro

Foto: Elisabeth Sandmann Verlag

Einige Namen klingen vertraut. Doch die meisten frühen Frauenrechtlerinnen sind vom Status "berühmt" weit entfernt. Einen kleinen Schub dahingehend dürfte der Kinofilm "Suffragetten" bringen, der ab 5. Februar in Österreich läuft. Zeitgleich mit dem Film ist auch ein neues Buch über die feministischen Pionierinnen erschienen, deren Anliegen von der ersten revolutionären Minute an lächerlich gemacht wurden. Dabei mussten der Scharfsinn und das revolutionäre Potenzial der Forderungen und Analysen dieser Frauen doch jedem denkenden Menschen auffallen.

Im Nachhinein lässt sich leicht reden? Dass es nicht so einfach ist, zeigen die teils abgedruckten Texte im Buch mit dem Titel "Die Suffragetten. Sie wollten wählen – und wurden ausgelacht". Das Wahlrecht für Frauen, das Recht der Frauen auf Erwerbstätigkeit oder die Gleichstellung von Frauen und Männern vor dem Gesetz gelten in liberalen Gesellschaften heute als Selbstverständlichkeit. Nur schwer lassen sich die damaligen Widerstände nachvollziehen, die sich weniger in Argumenten zeigten als in einer diffusen Annahme eines Naturrechts auf Privilegien.

Ein Habitus, der allerdings bis heute existiert und sich vor allem dann zeigt, wenn es um die Ursachen der immer noch nicht beseitigten Ungleichbehandlung geht. Mary Wollstonecraft erkannte schon in ihrer Schrift "Verteidigung der Rechte der Frau" aus dem Jahr 1792, dass ein wesentlicher Dreh- und Angelpunkt der Unterdrückung der Frauen in der Sozialisation liege, die die Ausbildung geistiger Fähigkeiten hemme und die Anpassungsfähigkeit fördere. Noch heute gibt es weit verbreitetes Unverständnis für eine solche Begründung der einseitigen Berufswünsche von Mädchen und Buben.

Bestehendes Problem Doppelmoral

Die zahlreich abgedruckten Pamphlete und Erklärungen der Suffragetten machen es deutlich: Vieles ist erreicht, aber zahlreiche schon damals angeprangerte Probleme gibt es auch noch im Jahr 2016. Das betrifft die angeprangerte Doppelmoral, die sich auf rigide Gesetze gegen Prostitution auswirkt, oder die schon von Helene Stöcker (1869–1943) geforderte bessere Aufklärung über Verhütungsmittel und die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen.

Dieser rote Faden von den ersten Aufständen gegen die männliche Herrschaft im 18. Jahrhundert durch Olympe de Gouges oder Mary Wollstonecraft bis in die Gegenwart hätte noch eine stärkere Betonung vertragen. Ebenso der Einfluss von politischen Entwicklungen auf die Bewegung, die in den ersten einführenden Seiten kurz anhand der beiden Weltkriege nachgezeichnet wird: In Italien wurde mit Beginn der faschistischen Diktatur die Frauenbewegung zu "einem die Mutterschaft heroisierenden Verein degradiert", was sich mit dem Widerstand im Zweiten Weltkrieg änderte. Auch in Frankreich hielt man am "Code civil", in dem Napoleon die Rechtlosigkeit der Frauen verankert hatte, bis zum mutigen Kampf von Frauen in der Résistance während des Zweiten Weltkriegs fest.

"Die Suffragetten" fokussiert neben den abgedruckten Texten der Frauenrechtlerinnen vor allem auf deren Porträts und unterteilt die Persönlichkeiten in "Frauen der ersten Stunde", "Die Sozialistinnen" und "Die Radikalen". Diese Geschichten über die Aktivistinnen machen die Kluft zwischen der bürgerlichen Frauenbewegung und den Organisationen der Frauen aus der Arbeiterklasse deutlich – eine Kluft, die auch heute noch zwischen liberalen und linken Feministinnen besteht. Und in der schillernden Geschichte der Amerikanerin Victoria Woodhull (1838–1927) zeigt sich, dass nicht jede Feministin zum Aktivismus im Kollektiv taugt.

Geschichte der Arbeiterinnen

Die aus einem unterprivilegierten Milieu stammende Woodhull gründete eine Brokerfirma speziell für weibliche Kundschaft und machte sich 1870 zur Präsidentschaftskandidatin. In ihrer Ankündigung zur Kandidatur scheute sie sich nicht, ihre Taten gegen die Worte und theoretischen Argumente für Gleichberechtigung anderer Feministinnen ins Feld zu führen. Und mit ihrer Forderung nach freier Liebe oder Geburtenkontrolle brachte sie Frauenrechtlerinnen aus gutbürgerlichen Verhältnissen gehörig gegen sich auf.

Für eine der vielen undokumentierten Geschichten der Arbeiterinnen im Kampf für Frauenrechte müssen die Leserinnen auf das Kino ausweichen. In "Suffragetten" wird diese durch die fiktive Figur der Wäscherin Maud Watts erzählt. Im Film hat auch die reale Emmeline Pankhurst (1882–1960) ihren Auftritt. Die Geschichte der Frauenbewegung sollte "jede Tochter kennen und jeder Sohn im Herzen tragen", sagt Pankhurst in dem Streifen. Dazu hat das Buch "Die Suffragetten" zweifelsohne einen Beitrag geleistet. (Beate Hausbichler, 2.2.2016)