Cizre –In der umkämpften südosttürkischen Stadt Cizre ist der Kontakt zu mehr als 20 in einem Keller eingeschlossenen Verwundeten abgebrochen. "Wir haben seit mehr als 48 Stunden keine Verbindung mehr", sagte die Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Meral Danis Bestas, der Deutschen Presse-Agentur am Montag per Telefon.

In Cizre liefern sich Sicherheitskräfte Gefechte mit Kämpfern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Verletzten harren seit nun neun Tagen in einem einsturzgefährdeten Gebäude aus. Krankenwagen versuchten vergeblich, zu ihnen vorzudringen. Inzwischen sind sechs Menschen ihren Verletzungen erlegen.

Die Opposition beschuldigt die Regierung, den Rettungseinsatz zu verhindern, und Helfer unter Beschuss zu nehmen. Die Regierung dagegen wirft PKK-Kämpfern vor, auf Einsatzkräfte zu feuern. Bestas und zwei weitere Abgeordnete der HDP befinden sich seit vergangenem Mittwoch aus Protest gegen die Situation in Cizre im Hungerstreik.

UN verurteilen Angriff auf Zivilisten

Die Vereinten Nationen haben die Türkei aufgefordert, fundamentale Rechte von Zivilisten im Südosten der Türkei zu beachten. Anlass des Appells ist ein Video, das der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, am Montag als "äußerst schockierend" verurteilte. Darauf seien unbewaffnete Zivilisten zu sehen, die beim Transport von Toten über eine Straße beschossen würden. Dem Kameramann, der selbst verletzt worden sei, drohe eine Haftstrafe.

"Das Filmen von Gräueltaten ist kein Verbrechen, aber das Feuern auf Zivilisten ist sicher eines", sagte er. Dieser und andere Vorgänge müssten unabhängig untersucht werden. Das Auftauchen des Videos lasse auch viele Fragen aufkommen, was in Cizre und anderen Teilen der Südost-Türkei wirklich passiere und vor der Welt verborgen werde.

In Cizre gilt seit Mitte Dezember eine Ausgangssperre. Die Türkei geht seit Wochen in einer Großoffensive gegen die PKK in der Südosttürkei vor. Ausgangssperren gelten auch im Viertel Sur der Kurdenmetropole Diyarbakir und nachts in der Stadt Silopi. (APA, 1.2.2016)