Drei Stunden vor der Verstaatlichung ließ der Bund seine Absicherung sausen, schilderte Wolfgang Peschorn im Parlament.

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Wien – Lange war darüber spekuliert worden, immer wieder war es im parlamentarischen Hypo-U-Ausschuss Thema, keiner der politisch Verantwortlichen wollte bisher etwas Konkretes dazu sagen: Warum hat die Republik Österreich bei der Verstaatlichung der Hypo auf Gewährleistung der Bayern verzichtet?

Nun weiß man es

Die ursprünglich für den Kaufvertrag zwischen Republik und BayernLB vorgesehenen Gewährleistungen sind am 14. Dezember 2014 zwischen vier und 4 Uhr 30 in der Früh begraben worden.

Die Republik hat sich die Garantien um rund 300 Millionen Euro von der BayernLB abkaufen lassen. Das hat der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, am Donnerstag im Hypo-U-Ausschuss ausgesagt. Er sprach von einem "Abtausch".

Nacht der langen Messer

Die Finanzprokuratur ist für die juristische Beratung und Vertretung der Republik zuständig. Ihr Chef, Peschorn, war bei den entscheidenden Verhandlungen am Wochenende vor dem 14. Dezember 2009 im Finanzministerium zwar nicht unmittelbar dabei, aber er war vor Ort und erstellte die Term Sheets (Arbeitspapiere), die je nach Verhandlungsstand immer wieder angepasst wurden.

Aus diesen Unterlagen erschließt sich, dass die Gewährleistungsklausel, die Berater Gottwald Kranebitter (damals KPMG) formuliert hatte, um 38 Minuten nach Mitternacht vorhanden war. Im endgültigen Aktienkaufvertrag war sie dann verschwunden. Die letzten Unterlagen stammen von 7.30 Uhr, danach hat Finanzminister Josef Pröll die Verstaatlichung der Hypo bekanntgegeben. Die Stunden zwischen Mitternacht und Montagfrüh – die "Nacht der langen Messer" – waren denn ausführliches Thema bei der Befragung Peschorns.

Keine Anwaltsarmada

Der schilderte – abgesehen von ein paar der üblichen Hickhacks mit dem Team-Stronach-Abgeordneten Robert Lugar – ruhig und leise redend, wie die Sache lief. Im Finanzministerium habe es den großen Verhandlungsraum für Politik und Aktionäre (neben den Bayern noch Kärnten und Grawe) gegeben; draußen "die bayerische und unsere Seite". Zwischen diesen seien die Term Sheets ausgetauscht worden, "physisch" habe das Sektionschef Alfred Lejsek getan. Von einer "Anwaltsarmada" auf der Bayern-Seite, von der oft die Rede sei, habe er übrigens nichts gesehen. Er und seine Kollegin seien einem Anwalt und einem Morgan-Stanley-Mann, dem späteren Hypo-Finanzchef Johannes Proksch, gegenübergesessen. "Mehr waren da nicht", so Peschorn.

Vor der Pressekonferenz habe er im Verhandlungsraum, in dem unter anderen Pröll, Andreas Schieder (Finanzstaatssekretär; SPÖ) und Notenbankchef Ewald Nowotny gesessen seien, noch einmal alle Punkte abgeklopft, zwecks "Endredaktion" der Term Sheets. "Da wurde mir mitgeteilt, dass die BayernLB auf einen Gewährleistungsverzicht besteht und dafür einen erheblichen Mehrbeitrag leistet." Er habe das "zur Kenntnis zu nehmen gehabt" und könne den Gedanken der Verhandler "nachvollziehen". Pröll hatte im Ausschuss nur vage von einem "höheren" Beitrag gesprochen.

Verzicht auf Absicherungen

Verzichtet haben die Österreicher zudem auf Absicherungen für Verluste auf dem Balkan, Kapitalgarantie, Due Diligence. Die Bayern zahlten 825 Millionen Euro ein und ließen 3,25 Milliarden Euro an Liquidität in der Bank. Im Vertrag wurde Gewährleistung ausgeschlossen: "Jegliche darüber hinausgehende Gewährleistung, Garantien und Haftungen ... sind mit dem Forderungsverzicht zur Gänze abgegolten ..." Zur Erinnerung: Den Bund hat die Hypo-Rettung bisher 5,5 Milliarden Euro gekostet.

Zweites Hauptthema war die Frage, ob die Landeshaftungen bei einem Konkurs oder Verhängung der Geschäftsaufsicht über die Hypo schlagend geworden wären. Der Chef der Finanzprokuratur bejahte beides – was sehr lange juristische Debatten auslöste. Ein Teil der Befragung wurde dann unter Ausschluss der Medienvertreter geführt.

Stichwort lange Debatte: FPÖ, Grüne und Neos haben den Antrag auf Verlängerung des Ausschusses gestellt. (Renate Graber, 28.1.2016)