Zum heiß umfehdeten, wild umstrittenen Staatsschutzgesetz der Koalition gibt es zwei wichtige Nachrichten. Die gute zuerst: Der unbescholtene Normalbürger selbst mit fragwürdigen Ansichten braucht sich hierzulande kaum Sorgen machen, dass er bald von einer Antiterroreinheit in den eigenen vier Wänden gestellt wird.

Doch nun zu den "bad news": Über diverse Ermittlungsschritte der Verfassungsschützer in ihrem Kampf gegen mögliche Anschläge, vor allem über die Überwachung von Verkehrs- und Standortdaten von Handys, wacht künftig kein unabhängiges Gericht, sondern ein senatsähnliches Gremium mit dem Rechtsschutzbeauftragten, der dem Innenministerium unterstellt ist. Das bedeutet: Im Gegensatz zu einem Mafioso können Terrorverdächtige in unserer Republik, die womöglich unverschuldet ins Visier des Staatsschutzes geraten, keineswegs auf die Kontrolle durch einen per Verfassung geschützten Richter zählen, der in der Sache unkündbar und unversetzbar ist.

So beschloss es der Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP, die es nach den Terrorakten in Paris mit den erweiterten Befugnissen für den Staatsschutz ziemlich eilig hatten – trotz berechtigter Einwände von FPÖ und Grünen sowie heftiger Proteste von Anwälten, Datenschützern und Journalistenvertretern.

Dieses Vorgehen der Koalitionäre ist trotz all ihrer Beruhigungsversuche höchst unverständlich – zumal namhafte Juristen den angedrohten Klagen beim Verfassungsgerichtshof jetzt schon die besten Chancen einräumen. Denn ähnlich wie bei der längst gekippten Vorratsdatenspeicherung sehen die neuen Kompetenzen für die Ermittler auch ein breites Sammeln, Verarbeiten und Verknüpfen von Daten vor – und zwar nicht nur von verdächtigen Personen, sondern eben auch von allen Menschen, die mit ihnen zu tun haben. Also von der engen Familie angefangen bis hin zu den losen Facebook-Freunden, was einen tiefen Eingriff in die Grundrechte bedeutet. Damit nicht genug, sollen all diese Koordinaten von möglichen Gefährdern im Ernstfall auch noch an ausländische Nachrichtendienste weitergereicht werden.

Angst und Panik in Bezug auf eine totale Massenobservation sind dennoch nicht angebracht. Denn Rot und Schwarz ist beim Schutz des Staates und seiner Bürger immerhin zugutezuhalten, dass sie sich von Freiheitlichen und Grünen während der Verhandlungen in letzter Minute von einigen Verbesserungen überzeugen ließen. Viele Demonstrations- und Meinungsdelikte, die die Staatsschützer bei bloßem Verdacht hellhörig hätten machen sollen, konnten die beiden Oppositionsparteien aus der Regierungsvorlage reklamieren. Dazu haben Blau und Grün – analog zur Strafprozessordnung – einen Überwachungsschutz für Berufsgruppen wie Anwälte und Journalisten erwirkt. Und angesichts des NSU-Spitzelskandals in Deutschland dürfen die vom Verfassungsschutz angeheuerten bezahlten Vertrauensleute in rechtsextremen Milieus oder in der Jihadistenszene zumindest nicht mit falschen Dokumenten ausgestattet oder zu Spähmaßnahmen wie einem kleinen Lauschangriff angestachelt werden.

Diese Änderungen zeugen von gelebtem Parlamentarismus. Dort aber, wo SPÖ und ÖVP unnötig auf stur geschaltet haben, wird demnächst das Höchstgericht ein für alle Mal einen gültigen Spruch zu fällen haben. (Nina Weißensteiner, 27.1.2016)